Grabstätten
Ebenso wie die Mandschu-Herrscher auf fast allen Gebieten von Kultur und Staatsverwaltung sich das China der Ming zum Vorbild nahmen, eiferten sie auch dessen Traditionen im Bau von Mausoleen nach. Da auch bei ihnen die Ahnenverehrung zu den höchsten religiösen Tugenden und Pflichten gehörte, lag eine Übernahme des chinesischen Grabkultes und seiner architektonischen Ausformung nahe. In der Errichtung von kaiserlichen Grabstätten, wie sie sich während der Ming-Zeit entwickelt hatten siehe auch noch vor der Eroberung Chinas durch die Mandschu, wird bereits der Anspruch auf die kaiserliche Würde erkennbar.
Das älteste dieser Mausoleen wurde vom Einiger der mandschurischen Stämme Nurhachi siehe auch für seine vier unmittelbaren Vorfahren bereits im Jahre 1598 angelegt, das „Ewige Grabmal“ (Yong ling) im Kreis Xinbin, Liaoning. Zusammen mit drei weiteren Grabanlagen im Stammland der Mandschuren außerhalb der Großen Mauer im Nordosten Chinas bildet das Yong ling die Gruppe der sogenannten „Nordgräber“ (Bei ling). Die bedeutendsten Anlagen innerhalb der Mauer, die nach der Etablierung des Mandschu-Kaisertums errichtet wurden, sind die „Ostgräber“ (Dong ling), die östlich von Peking im Distrikt Zunhua, Hebei, liegen. Die „Westgräber“ (Xi ling) befinden sich südwestlich von Peking bei Yixian, Hebei. Es ist die jüngste Gruppe.
Das Mausoleum Yong ling
Das Yong ling-Grab ist nach dem geomantischen Prinzip „Berg im Rücken, Fluss zu Füßen“ angelegt, einer Grundregel, der auch die Grabbauten der Qing folgten. Ebenso wichtig war die Süd-Nord Ausrichtung und die Axialität. In wesentlichen Zügen, jedoch mit gewissen Abweichungen, entspricht das Layout den großen Kaisergräbern der Ming: Seelenweg, Vorhof, Haupthof, Tumulus.
Vom Flussufer im Süden der Anlage erstreckt sich eine Baumallee bis zum Eingangstor, einer kleinen dreijochigen Halle mit einem Satteldach. Das Mauergeviert des ersten Hofes umschließt neben zwei kleinen Seitengebäuden vier Stelenpavillons der vier Ahnen Nurhachis, die in einer Reihe quer zur Hauptachse angeordnet sind . Sie gleichen den Stelenpavillons der Ming Kaiser, jedoch in Miniaturform: blockhaft aufgemauerte Baukörper über einem quadratischen Grundriss mit Rundbogentoren und im Unterschied zu den kaiserlichen Stelentürmen einem einfachen Fußwalmdach. Den Zugang zum Haupthof bildet das fünfjochige „Tor“ (Qi yun men) mit einem Fußwalmdach und flankiert von zwei Mauerscheiben, höher als die Umfassungsmauer und mit Drachenreliefs geschmückt . Das Hauptgebäude ist die Halle Qi yun dian von ähnlichem architektonischen Zuschnitt, jedoch größer. Hier wurden die Ahnentafeln aufgestellt und die Opferrituale vollzogen. Zwei seitliche Hallen, ebenfalls mit Fußwalmdächern gedeckt, schließen die östliche und die westliche Hofseite ab. Diese vier Hallen des zweiten Hofs sind architektonisch gleichrangig ausgestattet, obwohl der Opferhalle natürlich der höchste Rang zukommt. Alle vier Hallen haben die gleiche Dachform und die Anzahl der apotropäischen Dachreiter auf den Dachgraten ist gleich: es sind jeweils sieben. Das gleiche gilt für die Stelenpavillons, das heißt keinem der Gebäude wurde der höchste Rang zuerkannt. Denn die Vorfahren Nurhachis waren Stammesfürsten, keine Kaiser. Daraus erklären sich auch die relativ bescheidenen Dimensionen der Anlage und die Tatsache, dass die vier Ahnen in einem einzigen Grab beigesetzt wurden. Daraus ergab sich wiederum die architektonische Besonderheit der vier Stelenpavillons im ersten Hof. Hinter der Qi yun Halle liegt der Grabhügel von der „Schatz(hütenden) Mauer“ umschlossen. Schützend erhebt sich dahinter der Qi yun Berg.
Von den anderen Mausoleen außerhalb der Großen Mauer sind die beiden Großgräber im Osten und Norden von Shenyang die bedeutendsten. Die dritte Grabanlage, das Dong jing ling bei Liaoyang, Liaoning, barg Prinzen und Verwandte des Nurhachi und zeitweise auch dessen Vater und Großvater. Es ist daher entsprechend kleiner angelegt als die übrigen, wenn auch mit vier Hofanlagen und den dazugehörigen Stelenpavillons. Die Anlagen von Shenyang, die Gräber Nurhachis und seines Sohnes, des Dynastiegründers Abahai, das Fu ling oder „Ostgrab“ (Dong ling) und das Zhao ling oder „Nordgrab“ (Bei ling) sind in ihrer Anlage nahezu identisch, wobei das Zhao ling für Abahai und seine Gemahlin das größte und in seiner Ausstattung prächtigste der frühen Qing-Zeit ist.
Das Zhao ling
Im Jahre 1643, kurz vor seinem Tod, ließ Abahai (Kaisername Tai zong) mit den Bauarbeiten beginnen, die bis 1651 andauerten, von den späteren Ergänzungen unter den Kang xi- und Jia jing-Kaisern abgesehen .
Eine Rechteckmauer umschließt ein ausgedehntes Parkareal, in dessen Mitte das eigentliche Grab liegt. Wie im Kaiserpalast von Peking wird die Mauer an den Längsseiten im Südteil von einem östlichen und einem westlichen Tor unterbrochen, deren Verbindungsweg eine Querachse bildet. Der Haupteingang liegt in der Mitte der südlichen Mauer, von wo aus sich die Zentralachse nach Norden bis zum Grabhügel erstreckt.
Sie beginnt mit einem steinernen Ehrentor aus dem Jahre 1802 . Es steht auf einer erhöhten Plattform, zu der eine Doppeltreppe mit einer Mittelrampe hinauf führt. Treppe und Plattform sind mit einer Steinbalustrade geschmückt. Das Ehrenportal hat drei Durchgänge und drei Dächer, die in genauer Nachahmung einer Holzkonstruktion an Vorder- und Rückseite von vierfach vorkragenden Konsolen getragen werden. Sie treten nicht aus einer Rückwand hervor, sondern stehen frei. Dadurch gewähren sie Durchblick, was den Dächern die massive Schwere nimmt und den Eindruck von größerer Leichtigkeit vermittelt. Das erhöhte Mitteldach wird außen von Pfeilern getragen, aus denen gebündelte Eckkonsolen hervortreten. Zwischen den Pfeilern wird es von sechs vertikalen Konsolenreihen an Vorder- und Rückfront gestützt. Die niedrigeren Seitendächer werden von vier inneren Konsolenreihen auf jeder Seite getragen und von den äußeren Pfeilern mit ihren Eckkonsolen. Die Steinfirste, die Sturzbalken und die zwischen ihnen eingelassenen Kassetten sind mit außerordentlich reichen Ornamenten versehen, die Blumen, Ranken und Wolkendrachen darstellen. Diese Steinreliefs haben den Charakter von Holzschnitzereien. Am Fuß der vier tragenden Pfeiler des Tores sind an Vorder- und Rückseite reich reliefierte Stützsteine eingelassen, die hockenden Löwenskulpturen mit aufgerissenen Mäulern als Sockel dienen. An den äußeren Pfeilern hocken seitwärts gerichtet geschuppte Phantasietiere, qi lin, die als segenbringend angesehen wurden. Das Tor ist an der Front- und der hinteren Seite mit vier diagonalen Holzbalken abgestützt, wie gewöhnlich sonst nur die hölzernen Ehrentore. Dieses gehört zu den prächtigsten der Qing-Gräber.
Der äußere Grabbezirk
Hinter dem Ehrenportal steigt eine breite Rampe an zu einer weiteren Plattform. Der durch die Pflasterung hervorgehobene Mittelweg wird von zwei kleinen Steinlöwen flankiert. Links und rechts stehen die Wachlokale der Garde, im Hintergrund schließt das Zugangstor zum Grabbezirk, das „Das rote Haupttor“ (Zheng hong men) den Vorplatz ab . Es unterscheidet sich nicht von Außentoren wie sie bereits unter den Ming üblich waren: ein Ziegelbau mit drei Rundbogendurchgängen und einem Fußwalmdach. Die gemauerten Konsolen unter den kurzen Traufen bilden einen dekorativen Fries, unter dem ein doppelter Ornamentfries verläuft, der den Doppelbalken einer Holzkonstruktion imitiert. Auch die Bögen über den Durchgängen sind von reich ornamentierten Bändern umfangen. Die Pfosten der Torbögen und der Sockelzone des Tors bestehen aus hellgrauem Stein, das Ziegelmauerwerk ist rot verputzt, die Dachziegel sind goldgelb glasiert. Die niedrige Steinbalustrade vor dem Tor ist dreifach unterbrochen und bildet einen Brückenübergang zu jedem der drei Torbögen. Vor den mittleren Balustradenpfosten sitzen wiederum zwei kleine Löwen und bewachen den Zugang. An beiden Seiten des Tors sind erhöhte Mauerscheiben angesetzt, die ebenso wie die etwas niedrigere Umfassungsmauer rot verputzt sind und ein gelbes Ziegeldach tragen. In die beiden Flügelmauern sind zwei große Keramikmedaillons mit farbig glasierten Drachenreliefs eingelassen, welche die gesamte Höhe der Mauer einnehmen.
Hinter dem Zheng hong men setzt sich auf der Mittelachse der Prozessionsweg zur Grabstätte fort, flankiert von einem Säulenpaar, auf das in Analogie mit dem Geisterweg der „Dreizehn Ming Gräber“ sechs Tierpaare folgen, die sich gegenüberstehen. Im Unterschied zu den Ming-Gräbern erscheint jedes Tierpaar jedoch nur einmal. Es sind dies Löwen, qi lin, xiezhi, Kamele, Pferde und Elefanten.
Am Ende dieses Spaliers erhebt sich der Stelenpavillon (Bei ting), der, wie die Stele und die Inschrift, aus der Kang xi-Periode stammt. Im Aufbau entspricht er ebenfalls einem Vorbild aus der Ming-Zeit, dem Stelenpavillon der Ming-Gräber. Jedoch ist er kleiner und hat etwas andere Proportionen. An allen vier Seiten führen Treppen auf eine niedrige Plattform zu den offenen Torbögen des quadratischen, blockhaften Unterbaus, der von einem doppelten Fußwalmdach mit dem üblichen Dachschmuck gekrönt wird. Die Horizontalbalken unter den weit vorstehenden Traufdächern sind mit den konventionellen Mustern stark farbig bemalt und bilden einen lebendigen Kontrast zum Rot des Mauerwerks und dem Gelb der Dachziegel. Zwei prächtige Schmucksäulen (hua biao) flankieren den Turm. Sie gleichen denen vor dem „Tor des Himmlischen Friedens“, beziehungsweise jenen, die um den Stelenpavillon der Ming-Gräber errichtet sind siehe auch mit dem reichen Ornament ihrer Schäfte und den „Wolkenflügeln“, die unterhalb des Lotoskapitells herausragen .
Hinter dem Stelenturm folgt ein ausgedehnter Vorplatz, der links und rechts eingefasst wird von vier Wohnhäusern für die Hofbeamten und von Wirtschaftsgebäuden. Es ist der Vorplatz zu einer veritablen Festung, dem Kern der Gesamtanlage. Das sich nach Norden erstreckende Viereck der Festungsmauer ist mit Laufgängen, Schießscharten und vier Ecktürmen bewehrt, die den Eckpavillons des Pekinger Kaiserpalasts in vereinfachter Form nachgebildet sind: zweigeschossige Bauten von quadratischem Grundriss mit ringsum offenen Galerien von drei Jochbreiten in beiden Geschossen, zwei umlaufenden Traufdächern und einem Kreuzgiebeldach. Diese Türme, die auf den vorspringenden Eckbastionen errichtet wurden, sind eine Hinzufügung der Qing, die sich an den Grabbauten der Ming-Kaiser nicht findet .
Das Tor der Erhabenen Gnade
Auch das Tor zum inneren Grabbezirk gleicht einem Festungsturm im Unterschied zu den Torbauten der Ming-Gräber. Der Torturm erhebt sich in drei Stockwerken auf einer zinnenbewehrten Bastion, die aus der Festungsmauer vortritt und in deren Mitte sich ein Gewölbegang öffnet: das „Tor der Erhabenen Gnade“ (Long en men) . Der Bogen des Tors ist mit einem breiten Reliefband aus dicht gefügtem Rankenwerk verziert. Der weiße Stein hebt sich leuchtend ab vom Ziegelmauerwerk der Bastion. Über dem Bogen sind in einem Rechteckfeld, das von Pflanzenornamenten umrahmt ist, zu beiden Seiten der Namenstafel Drachenreliefs angebracht, in den Zwickeln zwischen Bogen und Rechteck Phönixdarstellungen. Oberhalb des Tors und unterhalb der Zinnen verlaufen fünf Friese in horizontalen Streifen. Sie stellen die mit Schmuckscheiben versehenen Enden von Dachziegeln dar (wa dang): Lotosblätter, abwechselnd Wolkendrachen und Phönixe, sowie verschlungene Rankenornamente. Von gleichem Reichtum ist der Dekor des Stockwerkbaus. Der in jedem Geschoss und nach jeder Seite mit einer dreijochigen offenen Galerie versehene Turm hat ein Fußwalmdach und zwei umlaufende Dächer, die alle unter den Traufen reich bemalt sind, wobei an diesen Stellen wie üblich die kühlen Blau- und Grüntöne vorherrschen. Die Malerei überzieht die Konsolenreihen, die Querbalken und die geschnitzten Flügelkapitelle der Rundsäulen, deren Zinnoberrot weithin leuchtet. Ebenso reich ist der Dachschmuck, von den Ziegelenden bis zu den durchmodellierten Tieren, die an den Enden der Dachkanten sitzen. Hier sind es drei, gefolgt von einem Drachen, während die vordere Figur eines reitenden Unsterblichen siehe auch verschwunden ist.
Der innere Grabbezirk
Hinter dem Tor steht links vom Seelenweg ein Trommel-, rechts ein Glockenturm, eine Übernahme aus der Tempelarchitektur, die bei den Ming-Gräbern nicht vorkommt. Weiter nördlich folgen zwei Seitenhallen zur Aufbewahrung der Ritualgegenstände und zur Vorbereitung der Opferhandlungen in der „Halle der Erhabenen Gnade“ (Long en dian) . Sie steht auf einer hellgrauen Granit-Terrasse, die so weit vorspringt, dass sie einen Vorplatz vor dem Gebäude bildet. Drei Treppen, jeweils von zwei kleinen Löwen bewacht, führen von Süden hinauf. Die mittlere ist länger und breiter mit einer Drachenrampe in der Mitte. Die Ausarbeitung des Reliefschmucks dieser Terrasse übertrifft den der Ming-Terrassen. Seitenwände, Balustraden, ja die Vorderseiten der Treppenstufen sind mit fein gemustertem Ornament überzogen, das eher von Silberschmieden zu stammen scheint, als von Steinmetzen. Die Platten zwischen den Balustradenpfosten sind so filigran gearbeitet wie Klöppelwerk. Der Reliefschmuck der Terrasse besteht durchweg aus floralen Mustern, um blütenartige Kreise gruppiert und symmetrisch zu Feldern geordnet. Ein kräftig vortretendes Wulstgesims aus Lotosblättern fasst oben und unten die Blumen- und Blütenreliefs der Terrassenwände ein, sodass ein Lotoskranz die gesamte Terrasse umfängt, auch dies eine Übernahme aus der buddhistischen Symbolarchitektur, die sich, meist weniger deutlich ausgeprägt, auch schon an Ming-Bauten findet. An den Terrassenecken ragen Ungeheuerköpfe hervor, die als Wasserspeier dienen .
Die Halle der Erhabenen Gnade
Die verhältnismäßig kleine Halle hat eine umlaufende Säulengalerie mit fünf Jochen nach jeder Seite und ist mit einem goldgelben Fußwalmdach gedeckt, das den bekannten Dachschmuck aufweist. Auf den äußeren Dachkanten erscheinen fünf apotropäische Tiere gefolgt von einem ornamentalen Drachenkopf. Wie an mehreren anderen Gebäuden fehlt hier die vordere Reiterfigur eines Unsterblichen. Unterhalb der leicht angehobenen Dachecken ragen dämonische Tierköpfe vor mit aufwärts gebogenem Rüssel ähnlich den altindischen Makaras. Dieses Motiv findet sich hier an allen höherrangigen Hallen und Türmen ebenso wie die Glöckchen, die darunter hängen. An niederrangigen Gebäuden wie den Ecktürmen sind es drei Schutztiere .
Die dreifach übereinander vorkragenden Konsolen unter den Traufen sind noch auf altertümliche Weise angeordnet: jeweils eine Konsolengruppe über einer Säule und eine zwischen den Säulen, mit Ausnahme der äußeren Joche (shao jian), wo die Säulen eng zusammen stehen. Obwohl die Konsolen alle gleich gestaltet sind und ihre Aufreihung bereits einen friesartigen Charakter annimmt, sind sie doch als Einzelgruppen deutlich gegliedert. Aus den Eckkonsolen ragen Schrägarme (ang) als Bündel in drei Reihen und dreifach übereinander geordnet hervor. In Höhe des doppelten Horizontalbalkens, auf dem die Konsolen ruhen, ist über jeder Säule ein gehörnter Dämonenkopf angebracht siehe auch, sogenannte „Ochsenkopfkapitelle“, von welchen nach den Seiten Flügel abstehen, deren Volutenmuster stilisierte Wolken darstellen. Die Flügelkonsolen der Säulen sind ähnlich gemustert. Eine kleinteilige ornamentale Bemalung, vorwiegend in Blau-, Grün- und Gelbtönen, überzieht die gesamte Traufzone und setzt sich deutlich ab vom leuchtenden Rot der Säulen.
Der Turm der Verklärung
Hinter der Opferhalle bilden ein kleiner Torbau, flankiert von zwei Steinpfeilern, die von Schutztieren gekrönt sind, das „Zwei-Säulen-Tor“ (Er zhu men), sowie ein Steinaltar mit fünf steinernen Ritualgefäßen , eine letzte Barriere vor dem „Turm der Verklärung“ (ming lou) . Er erhebt sich auf einer Ziegelbastion. Mit ihren Zinnen, dem gewölbten Torweg und dem quadratischen Grundriss ähnelt sie der Bastion des Long en Tors, doch ist sie größer, wuchtiger und ohne schmückendes Beiwerk, sieht man von dem Bogenfries des Durchgangs ab und dem hohen Wulstgesims der steinernen Sockelzone. Von den Laufgängen der Festungsmauer und vom Hof hinter dem Bollwerk führen Treppen auf die Plattform. Der „Turm der Verklärung“ oder „Seelenturm“ siehe auch, der von hier aufragt, gleicht in fast allen Einzelheiten dem „Stelenpavillon“, nur ist er größer. Die Betonung der Horizontalen durch die weit vorstehenden Traufdächer und durch die abgeschrägte Oberkante des unter der Traufzone vorspringenden Mauerwerks, wodurch dessen massive Stärke betont wird, verleiht dem Turm eine monumentale Wucht. Seinen höchsten Rang als Ort der Seele des hier Bestatteten, manifestiert durch die Stele im Inneren, zeigen auch die neun Schutztiere auf den Dachenden an.
Der Mondsichelhof
Der Hof, der sich hinter dem Seelenturm und der Festungsmauer in der gesamten Breite von Eckturm zu Eckturm erstreckt, wird im Norden von einem Mauerbogen abgeschlossen: der sogenannte „Mondsichelhof“ . In der Mitte der gekurvten Mauer ist ein Wandvorsprung angebracht mit Blumen- und Rankenmotiven aus farbiger Keramik und von einem kurzen Ziegeldach überdeckt mit dem First- und Ziegeldekor der großen Halle . Es ist der vermauerte Zugang zum unterirdischen Palast des Kaiserpaares. Da dieser Eingang, sowie der gesamte „Mondsichelhof“, geheim gehalten werden sollten, wurden für den Bau dieses Bereichs taubstumme Arbeiter herangezogen, woher wahrscheinlich eine andere Bezeichnung des Hofs stammt: „Tauber Hof“.
An den nördlichen Ecktürmen der Festungsmauer beginnt ein Ringwall, der etwa einen Zweidrittel-Kreis beschreibt, die „Schatz(hütende) Mauer“ (bao cheng), welche den Grabhügel, das „Schatzdach“ umschließt, unter dem sich der Grabpalast befindet, der einst vom „Mondsichelhof“ aus zugänglich war. Innerhalb der Ringmauer wurde ein künstlicher Hügel aufgeschüttet und bepflanzt.
Die großen Grabanlagen der frühen Qing-Zeit haben zwar die Ming-Gräber zum Vorbild und entsprachen ihnen in der Grundstruktur, doch manche Einzelheiten sind allein dieser Grabarchitektur eigen. So etwa die Ecktürme oder gewisse schmückende Elemente, vor allem aber der „Mondsichelhof“ und die angeschnittene, einem Halbkreis angenäherte Ringmauer um den Tumulus, die vielleicht auf ältere Grabanlagen mit hufeisenförmigen Mauern zurückzuführen ist.
Die Östlichen Qing-Gräber (Dong ling)
Die erste kaiserliche Nekropople, die nach der Eroberung Chinas von den Mandschu innerhalb der Großen Mauer errichtet wurde, liegt 125 Kilometer östlich von Peking im Bezirk Zunhua, Hebei. Der erste Mandschu-Kaiser, der in China herrschte und Peking zur Hauptstadt gemacht hat, Shun zhi, soll die Gegend bei einem Jagdausflug entdeckt und zum Grabbezirk bestimmt haben. Die Landschaftsstruktur hat Ähnlichkeit mit jener der Ming-Gräber: in einem ausgedehnten Halbkreis zieht sich eine Berg- und Hügelkette im Norden um ein weites Tal, das von Nordwesten nach Südosten von Wasserläufen durchflossen wird. Auch die fächerförmige Ausrichtung der späteren Mausoleen am Fuße der Berge entsprach der Ming-Nekropole und deren landschaftlichen Gegebenheiten. Diese Bedingungen wurden auch hier von den Geomanten als segenverheißend beurteilt.
Zwei Jahre nach dem Tode des Shun zhi Kaisers begannen im Jahre 1663 die Bauarbeiten an seiner Begräbnisstätte, dem Xiao ling. Dieses erste Grabmal bildete den Mittelpunkt des riesenhaften Grabbezirks. Die späteren Gräber wurden östlich und westlich davon angelegt. Insgesamt sind es fünfzehn Mausoleen mit Grablegen von fünf Kaisern, fünfzehn Kaiserinnen - darunter ein Prinzessinnengrab - und hundertsechsunddreißig Konkubinen.
Der Grabweg
Wie bei den Ming-Gräbern bildet der heilige „Weg der Seelen“ (shen dao) das Rückgrat der Nekropole, von dem die Grabwege zu den anderen Mausoleen abzweigen. Mit fünfeinhalb Kilometern Länge ist er nur um weniges kürzer als der des Shi san ling und wie dieser beginnt er an einem steinernen Ehrentor (shi pai fang) und endet am Grab des ersten hier bestatteten Kaisers.
Das Ehrentor ist eine nahezu identische Kopie des Ming-Vorbildes siehe auch nicht nur im architektonischen Aufbau, sondern auch in Einzelheiten des plastischen Schmucks wie etwa den Skulpturen von Löwen und qi lin auf den Sockeln der Pfeiler. Auch die Reliefmotive an den Außenseiten der Sockel gleichen denen des Ming-Tors: Löwenpaare, die nach der Glückskugel jagen , Phönixe und Drachen. Lediglich der ornamentale Schmuck, also die Neigung zum Dekorativen, ist hier noch stärker ausgeprägt. Dies zeigt sich besonders in der Behandlung des Hintergrundes dieser Motive - das Ornament ist äußerst kleinteilig herausziseliert – auch oben an den Architraven. Wo das Ming-Tor ehemals bemalt war mit den farbigen Mustern der Balken unter den Traufen von Tempel- und Palasthallen, finden sich hier die gleichen Ornamente als deutlich herausgebildetes Relief, dessen Textur wie ein feines Gespinst die Querbalken überzieht und das einst ebenfalls bemalt war.
Auch die Abfolge der übrigen Gebäude und Skulpturen des Seelenwegs hält sich eng an das Ming-Vorbild. In geringem Abstand vom Ehrentor bildet das „Große Rote Tor“ (Da hong men) mit drei Torbögen und einem Walmdach auch hier den Zugang zum Grabbezirk. An die Flügelmauern des Tors, durch welche Seitenpforten führen, schließen sich die Umfassungsmauern an. Weiter nördlich folgt der große Stelenpavillon (bei ting) mit der Stele, auf welcher die Verdienste des Shun zhi-Kaisers aufgezeichnet sind. Der wuchtige, quadratische Bau mit einem doppelten Fußwalmdach und Rundbogenportalen an jeder Seite unterscheidet sich kaum vom Stelenpavillon der Ming-Gräber siehe auch, ebenso wie die vier ihn umstehenden Schmucksäulen, auf denen ein qi lin mit hochgerecktem Kopf sitzt. Der Prozessionsweg setzt sich in nordwestlicher Richtung fort, umgeht einen Hügel und führt nach etwa einem Kilometer gerade auf den in der Ferne liegenden Chang rui Berg zu. Hier leiten zwei sechsseitige Schmucksäulen das Spalier der Tier- und Beamtenskulpturen ein. Die Schäfte der Säulen sind vollständig mit Wolkenornamenten überzogen. Um die zylinderförmigen, oben abgerundeten Kapitelle, die wie Laternen wirken, winden sich Wolkendrachen. Der breite Grabweg verliert sich zwischen den Steinstatuen (shi xiang) in der Ferne, ohne dass von den Grabanlagen etwas sichtbar wird . Diese Weite des Raums drückt etwas aus von der ungeheuren Distanz, die noch im Tode zwischen den hier bestatteten Herrschern und ihren Untertanen liegt, von denen, soweit sie hier nicht Dienst taten, ja nur die höchsten Würdenträger sich den Gräbern nähern durften.
Die Reihenfolge der Tier- und Beamtenpaare, die einander gegenüber postiert sind, ist die gleiche wie am Shen dao der Ming-Gräber, nämlich - einmal sitzend oder kauernd, einmal stehend – Löwen , xie zhi, Kamele, Elefanten, qi lin und Pferde. Es folgen drei Paare von Militärbeamten und drei Paare von Zivilbeamten. Die Skulpturen wirken steifer und weniger lebendig als die Ming-Plastiken und sind zumeist stärker ornamentiert. Dieses Übergewicht des Dekorativen und Handwerklichen gegenüber dem Künstlerischen tritt allgemein um so deutlicher hervor, je jünger die Bildhauerarbeiten der Nekropole sind. Am Ende des Ehrenspaliers bildet das „Drachen- und Phönixtor“ (Long feng men) oder Ling xing men symbolisch den Zugang zum inneren Grabbezirk, denn es ist mit keiner trennenden Mauer verbunden . Erst von hier aus wird der Seelenturm des Xiao ling in der Ferne sichtbar. Auch dieses Tor mit den drei Durchgängen, die von Säulen flankiert sind, auf welchen qi lin sitzen, unterscheidet sich kaum von dem Drachen- und Phönixtor der Ming-Gräber siehe auch. Nur seine dekorative Ausgestaltung ist aufwendiger.
Hinter dem Tor führt der Heilige Weg über eine Sieben-Bogen-Brücke und im Abstand von jeweils etwa einem Kilometer über eine Fünf-Bogen-Brücke und zuletzt über drei parallele Drei-Bogen-Brücken . Alle sind niedrige Steinbrücken mit reich skulptierten Balustraden, die schmale Flussläufe überqueren. Die dreifache Brücke leitet über zum Vorplatz des Mausoleums. Er ist angelegt wie ein Vorhof, jedoch nicht von einer Mauer umschlossen wie die Vorhöfe der Ming Mausoleen. In der Mitte erhebt sich der zweite Stelenpavillon, in dessen Stele die postumen Titel des Kaisers eingraviert sind. Er ist kleiner als der erste mit der Verdienst-Stele Shun zhis, gleicht ihm aber sonst in fast allen Einzelheiten. Im rückwärtigen Teil des Platzes stehen auf jeder Seite zwei Seitengebäude, die vorderen, größeren für die Hofbeamten, die kleineren dahinter für die Wachen.
Das Xiao ling
Die Anordnung ist ähnlich wie beim Zhao ling und wie bei diesem steht am Nordende des Platzes das Long en Tor . Es hat fünf Joche und ein Fußwalmdach und entspricht den üblichen Torhallen. Hier beginnt die Umfassungsmauer, die im Unterschied zum Zhao ling keine Verteidigungstürme aufweist. Selbst wenn diese nur symbolische Bedeutung gehabt haben, so war die Herrschaft der Qing zur Bauzeit des Xiao ling so weit gefestigt, dass man auf solche Machtzeichen verzichten konnte. Dennoch waren die Grabstätten von Wachtruppen besetzt. Die Mauer umschließt zwei Innenhöfe und den von einer zweiten Mauer eingefassten Grabhügel. Im Unterschied zu den Mausoleen der Ming-Kaiser folgt die Mauer im Norden der Form eines Hufeisens. Im ersten Innenhof steht die Opferhalle Long en dian mit einer reich skulptierten Vorterrasse, zu der fünf Treppen hinaufführen. Das Gebäude besteht aus fünf Jochen und ist mit einem doppelten Fußwalmdach gedeckt. Stilistisch und an Pracht der Ausstattung ist es der Long en dian des Zhao ling siehe auch vergleichbar, nur ist es größer. Zwei fünfjochige Seitenhallen dienten der Vorbereitung der Opferhandlungen. Vor dem zweiten Innenhof stehen drei kleine, mit Fußwalmdächern gedeckte, über drei Treppen zugängliche Portale: das „Innere Rote Tor“ (Nei hong men) . Im Hof folgen aufeinander das Zwei-Säulen-Tor und der Steinaltar und im Hintergrund der gewaltige Seelenturm, zu dem eine Rampe in der gesamten Breite der Bastion hinaufführt . An den nördlichen Ecken der Bastion beginnen die nach Süden gebogenen, halbrunden Mauern des „Mondsichelhofs“, dessen Nordmauer hier geradlinig und quer zur Hauptachse verläuft, also in Umkehrung des Zhao ling Hofes, dessen Nordmauer der Bogenform der Mondsichel folgt. In der Mitte der Nordmauer befindet sich die Schmuckwand, die den Zugang zum Grabpalast verschließt. Die innere Mauer, die den Tumulus aus Kalk und fester Stampferde umfasst, beschreibt zusammen mit der Mauer des „Mondsichelhofs“ ein langgestrecktes Oval, im Unterschied zu den Ming-Grabhügeln, die in den meisten Fällen vom perfekten Rund einer Ringmauer eingefasst sind. Diese Änderung gegenüber dem Vorbild könnte mit der Ausdehnung des unterirdischen Palastes zusammenhängen.
Hinter dem Xiao ling erhebt sich der Hauptgipfel des Chang rui Berges, eine schützende Barriere vor unheilvollen Gewalten.
Die späteren Mausoleen
Die übrigen Anlagen der Nekropole gleichen im Prinzip dem Xiao ling, jedoch mit kürzeren Grabwegen und entsprechend kleineren Ehrenspalieren. Einige dieser Mausoleen sind mit besonderem, geradezu luxuriösem Aufwand ausgestattet. Dazu gehört das Grab der Ci Xi siehe auch, das zwar, wie alle Grabstätten von Kaiserinnen, kleiner ist als die der Kaiser, jedoch verschwenderischer ausgeschmückt, als alle Kaisergräber. So sind zum Beispiel Säulen und Wände ihres unterirdischen Palastes vergoldet. Die Witwen der Kaiser erhielten ein eigenes Grab, wenn sie nach dem Kaiser starben; starben sie vor ihm, teilten sie seine letzte Ruhestätte. Auf diese Weise sollte vermieden werden, dass das Kaisergrab noch einmal geöffnet wurde.
Künstlerisch besonders reich ausgestattet ist das größte der Kaisergräber, das Yu ling des Qian long-Kaisers, in dem auch zwei Kaiserinnen und drei Konkubinen bestattet sind. Der Seelenweg zu seinem Mausoleum erstreckt sich parallel zum Grabweg, der zum Xiaoling führt . Seiner starken Bindung zum Buddhismus in seiner lamaistischen Form entsprechend, sind die drei gewölbten Säle seines Grabpalastes mit äußerst vielgestaltigem und detailliert ausgeführtem Skulpturenschmuck des buddhistischen Pantheons versehen . Darunter sind insbesondere acht Bodhisattva-Reliefs hervorzuheben und eine Darstellung der vier Himmelskönige an den Wänden des Torwegs, außerdem Sutren in Tausenden von Schriftzeichen, darunter auch tibetischen .
Die Westgräber (Xi ling)
Sie liegen 125 Kilometer südwestlich von Peking im Distrikt Yixian und sind ebenfalls südlich einer Bergkette angelegt, dem Yongningshan. Die Gründung dieser Mausoleen-Gruppe erfolgte durch den Yong zheng-Kaiser im Jahre 1730. Er brach mit der Überlieferung, wonach die Kaisersöhne in der Nähe ihrer Väter beerdigt wurden, um den Fortbestand der Kaisermacht zu symbolisieren und über den Tod hinaus zu sichern. Yong zheng scheint den Thron durch eine Testamentsfälschung usurpiert zu haben, wodurch seine Scheu zu erklären wäre, im gleichen Grabbezirk wie sein Vater Kang xi bestattet zu werden. Yong zhengs Sohn, der Qian long-Kaiser wählte wiederum die Ostgräber für seine Bestattung, nach ihm wechselten die kaiserlichen Begräbnisse zwischen den Ost- und den Westgräbern.
Ebenso wie das Xiao ling als erstes Grab den Mittelpunkt der Ostgräber bildete, liegt das Yong zheng Grab, das Tai ling, im Zentrum des neuen Grabbezirks. Die späteren Mausoleen wurden in zwei Gruppen östlich und westlich am Fuße der Berge angelegt. Insgesamt liegen hier vier Kaisergräber, darunter das Grab des letzten Kaisers Guang xu, drei Gräber von Kaiserinnen und sieben Bestattungen von kaiserlichen Konkubinen, Prinzessinnen und Prinzen.
Auch hier bildet der Heilige Weg, der zum Hauptgrab führt, die zentrale Achse des gesamten Bezirks. Sie entwickelt sich noch konsequenter als die Achse der Ostgräber in gerader Richtung von Süden nach Norden, nur einmal abgelenkt von einem künstlichen Hügel, der als Schutz vor Dämonen das dahinter liegende Grabmal und seine Vorbauten abschirmt.
Die Abfolge der Baulichkeiten und Monumente entlang des Seelenwegs entspricht dem Shen dao der Ostgräber mit gewissen Abweichungen. So überquert am Beginn eine Brücke mit sieben Bögen einen Wasserlauf. Erst danach erhebt sich das riesige Steintor (Shi pai fang) über dem Weg, das bei den Ostgräbern der Qing und den Ming-Gräbern den Heiligen Weg einleitet. Dieses Ehrentor gleicht seinen Vorläufern siehe auch. Jedoch ist es den Erbauern gelungen, die Wirkung der Eingangszone des Grabbezirks in grandioser Weise zu steigern und dies mit verblüffend einfachen Mitteln und mit einem typisch chinesischen Gestaltungsprinzip: mit der Vervielfältigung eines Elements. Man hat das Ehrentor verdreifacht . Im Osten und Westen wurden identische Tore errichtet, im Norden schließt das „Große Rote Tor“ (Da hong men) das Karree ab. Da die Ehrentore frei stehen, durch keinerlei Bebauung verbunden sind und ihre Durchgänge von allen Seiten Durchblicke gewähren, entfaltet sich ein transparenter Raum, der das weitere Umfeld mit einbezieht, eine von Pinien bestandene Parklandschaft. So entstand ein Platz von eindrucksvoller Monumentalität, dessen Weiträumigkeit und Offenheit die Wucht der Steintore mildert und dem gesamten Architekturensemble größere Leichtigkeit verleiht. Zwei Schriftstelen mit dem Gebot, von Pferd und Wagen zu steigen, wie sie ehemals vor allen kaiserlichen Grabbezirken standen, sind hier noch erhalten, sowie zwei qi lin-Skulpturen vor dem Da hong men . Die Architektur dieses Tors unterscheidet sich nicht von jener der älteren Nekropolen.
Dies gilt mit minimalen Abweichungen im Detail für alle Gebäude des Tai ling und die übrigen Grabanlagen. Die Architektur ist nunmehr standardisiert, die überlieferten Formen wurden als sakrosankt angesehen, und nur in wenigen Fällen wird diese Regel durchbrochen, wenn bestimmte Umstände dazu zwingen, wie zum Beispiel Wassereinbruch in einem Grab.
Hinter dem „Großen Roten Tor“ erstreckt sich die Prozessionsstraße über 2,5 Kilometer Länge. Wenn sie auch damit um die Hälfte kürzer ist, als die der Ostgräber, so vermittelt sie doch den gleichen Eindruck von Weite und schier unermesslichem Abstand des Totenpalastes von der Weit der Lebenden. Abseits vom Weg steht die Halle des Gewänderwechsels, die bei den Ostgräbern verschwunden ist. Weiter nördlich unterbricht der große Pavillon mit der Verdienst-Stele Yong zhengs den Heiligen Weg, umgeben von den vier Schmucksäulen (hua biao). Es folgt die zweite Brücke mit fünf Bögen, danach die Skulpturenallee, eingeleitet von einem Säulenpaar. Das Ehrenspalier besteht aus zwei Löwen, die sich gegenüber stehen, zwei Elefanten, zwei Pferden, zwei Militär- und zwei Zivilbeamten. Unmittelbar dahinter umgeht der Seelenweg östlich den Schutzhügel, um sich dahinter in gerader Richtung nach Norden fortzusetzen durch das „Drachen- und Phönixtor“ über die dreifache Dreibogenbrücke zum Vorplatz des Mausoleums mit dem kleinen Stelenpavillon .
Das eigentliche Mausoleum gleicht dem Xiao ling: die drei Höfe, welche von einer Mauer umgeben sind, die im Norden hufeisenförmig abgerundet ist, sowie die Anordnung der Gebäude. Lediglich der Grabhügel hinter dem Seelenturm greift noch einmal auf die Gestalt der großen Ming-Gräber zurück. Er ist nicht langgestreckt oder oval, sondern rund und von einer Ringmauer eingefasst, die auch den „Mondsichelhof“ einschließt.
In ihren Grabstätten haben die Qing-Kaiser die monumentale Baukunst Chinas zu einem letzten Höhepunkt geführt. Ohne originell zu sein, aufbauend auf sakrosankten Vorbildern und nach chinesischer Weise der Tradition verhaftet, gelangen ihnen trotz zunehmender manieristischer Erstarrung Architekturkomplexe von eindrucksvoller Größe.