Bronzen

Die frühen Ritualbronzen der West-Zhou sind noch geprägt vom Shang-Stil. Auch die Funktion der Sakralgefäße bleibt die gleiche: Speise- und Trankopferbehälter für das Totenritual. Zunächst steigert sich der dichte Dekor der Shang-Vorbilder zu einer gleichsam „barocken“ Fülle und Plastizität, ohne dass die Tektonik verloren geht . Allmählich tritt jedoch eine Wandlung ein. Der Großteil jener Gefäßtypen, welche zum Weinopfer dienten, verschwindet aus dem Repertoire. Dies scheint damit zusammenzuhängen, dass die Zhou den Gebrauch alkoholischer Getränke stark reduzierten. Ihre Propaganda warf nämlich den letzten Shang-Königen orgiastische Ausschweifungen vor, darunter auch Alkoholismus. Sie begründeten damit deren Dekadenz und den eigenen Anspruch auf Legitimität.

Mit zunehmender Unabhängigkeit vom Königshaus gewannen auch die einflussreichen Feudalfamilien das Recht, Bronzegefäße zu besitzen. Die Durchbrechung dieses königlichen Monopols spiegelt die schwindende Macht der Dynastie. Zugleich wurden die Anlässe zur Herstellung und Stiftung von Bronzen auf profane Vorgänge ausgedehnt: auf Schenkungen, Gesetzeserlasse, Eheverträge, Rangerhöhungen, Kriegszüge. Stiftername, Zeitpunkt und Anlass sind in Weihinschriften genau vermerkt. Aus Instrumenten zur Beschwörung der Ahnengeister wurden nun Dokumente. Mit dieser Entsakralisierung geht die Veränderung des Dekorstils einher. Mit dem Glauben an ihre magische Wirksamkeit verschwindet die tao tie-Maske allmählich, das wichtigste Motiv der Shang- und frühen Zhou-Zeit. Sie tritt seit dem 9. Jahrhundert immer mehr zurück, bis nur noch ein flaches Bandornament übrigbleibt. Der gleichen Wandlung unterliegen die übrigen Tierbilder wie Zikaden, Vögel und Drachen. Je mehr aber das Oberflächenrelief der Gefäße an Plastizität verliert, um so deutlicher tritt sein Schmuckcharakter hervor: eine zunehmend verfeinerte Ziselierung des Ornaments wird angestrebt. Etwa im 5. Jahrhundert erscheinen Bronzen in Tauschiertechnik, d. h. Einlegen verschiedenfarbiger Metalle in das Lineament. Dadurch erhöhte man Lebendigkeit und Reichtum der Oberfläche.