Plastik

Während ihrer kurzen Herrschaft sollen unter den Sui 40.000 neue Tempel errichtet worden sein, 1,5 Millionen alter Bildwerke restauriert und 100.000 neue Kultplastiken hergestellt worden sein, zum Teil in wertvollsten Materialien, sowie 4.000 Bronzen. Selbst wenn diese Zahlen unglaubwürdig sein mögen, so weisen sie doch auf die außerordentliche künstlerische Produktivität der Epoche hin.

Außer in Felsensanktuarien wie zum Beispiel in Longmen und Tianlongshan sind die überkommenen Sui-Plastiken Einzelstücke, herausgelöst aus ihrer Umgebung, denn die Gebetshallen sind alle verschwunden. Einen Gesamteindruck buddhistischer Altäre dieser Zeit vermitteln heute nur noch spätere Anlagen und einige wenige japanischen Tempel des 8. Jahrhunderts.

Kolossalstandbild eines Amitabha aus Chuyang, Hebei

„Der Herr des Westlichen Paradieses“, der Buddha Amitabha, gehörte zu den populärsten Buddhas der Sui-Epoche und noch weit bis in die Tang-Zeit. Die Gläubigen hofften, in seinem Paradies wiedergeboren zu werden. Er löste den Buddha Maitreya allmählich an Beliebtheit ab.

Die 5,40 Meter hohe Marmorstatue im Britischen Museum aus dem Jahre 585 schließt sich nahtlos an die Traditionslinie jener pfeilerartigen Monumentalität stehender Figuren, die mit den Nördlichen Qi einsetzte siehe auch und sich unter den westlichen Wei und den Nördlichen Zhou fortsetzte . Die säulenhaft gerundete, hochgestreckte Gestalt wächst aus einem Lotossockel hervor in der unbewegten samabhanga-Haltung, die Arme angehoben zur Schutzgeste und zur Geste der Wunscherfüllung. Hände und Füße sind abgebrochen. Der mächtige Kopf sitzt auf einem breiten, zylindrischen Hals. Der Schädelauswuchs (ushnisha), eines seiner Erleuchtungszeichen siehe auch, ist hier so breit angelegt, dass er sich mit dem Kopf zu einem Oval zusammenschließt, in dessen Umriss sich auch die eng anliegenden Ohren einfügen, die an anderen Buddha-Darstellungen sonst so stark betont werden. Im Verhältnis zu den voluminösen Rundformen von Kopf und Hals wirken die Schultern schmal. Dadurch wird der Säulencharakter der Figur hervorgehoben: der Kopf erscheint als Fortsetzung und Krönung des Säulenkörpers, er wird sozusagen zum „Kapitell“. In das volle Oval des Kopfes ist knapp und präzise ein altersloses Antlitz modelliert. Hoheitsvoll, mit halb geschlossenen Augen und der Andeutung eines Lächelns schaut der Buddha „des Unermesslichen Glanzes“ auf seine Anbeter herab.

Die Figur zeigt keinerlei Durchbrüche, an denen sich der Körperumriss abzeichnet. Lediglich dort, wo das Gewand von den Armen herabfällt, entstehen Vertiefungen, aus denen die Gestalt plastisch hervortritt, ohne Einzelheiten zu zeigen. Man ahnt eine gleichsam atmende Körperlichkeit unter den zart modellierten Rundungen des dünnen Gewandes. Die äußerst sparsamen, als dünne Stege ausgebildeten Falten sind in sorgfältig kalkulierte, rhythmische Kurven gelegt, der Saum des Untergewandes in ordentlich arrangierte, regelmäßige Plissees gefältelt.

Obwohl es sich um eine freistehende, vollrunde Skulptur handelt, erschließen sich ihre plastischen Qualitäten vollständig erst aus der Frontalsicht. Die absolute Geschlossenheit, das feine Relief über der summarisch gestalteten, rundplastischen Form, der undynamische Verlauf des Faltenwurfs, die monolithische Wucht der Gestalt, all dies zielt ab auf eine sublime, in sich ruhende Monumentalität, die Welten entfernt ist von der züngelnden Expressivität des kaum fünfzig Jahre älteren Wei-Stils. Erst während der folgenden Epoche der Tang löste sich diese hieratische Strenge der Monumentalskulptur.

Statuen des Ananda und des Kashyapa

Die gleiche Reduktion auf einfache Volumen und große, summarische Form zeigen zwei Marmorskulpturen im Musée Guimet in Paris: Ananda und Kashyapa, die großen Schüler Buddhas . Hier nun ist der weltferne Ausdruck des Amitabha ins menschliche gewendet. Das Antlitz des jugendlichen Ananda ist von hoher Sensibilität geprägt, vom Adel der Gesinnung, das gefurchte Gesicht des älteren Kashyapa gleichsam in Askese geschmiedet, das Idealbild eines Luohan. Beide Figuren tragen Reste einer Bemalung, welche die bunten Flicken auf den Mönchsgewändern zeigt. Ihr Erhaltungszustand ist ein seltener Glücksfall, da alte Steinplastiken kaum noch Farbspuren aufweisen. Ehemals waren alle Skulpturen farbig gefasst .

Kleinbronzen: ein Hausaltar

Die Kleinbronzen der Zeit dagegen wirken grazil, ihre Gestalten biegsamer und bewegter. Sie sind mit reichem Dekor in feinstem Filigran versehen, so, als stammten sie aus einer anderen Epoche. Und tatsächlich unterscheiden sie sich kaum von hundert Jahren jüngeren Arbeiten dieses Genres aus der Tang-Dynastie.

Mehrfigurige Hausaltäre sind relativ selten. Ein exemplarisches Stück besitzt das Städtische Museum von Xi’an . Der 41 Zentimeter hohe Altar besteht aus feuervergoldeter Bronze mit Resten von Bemalung. Auf einem vierfüßigen, von zwei Löwen bewachten Thronuntersatz, der von einem Geländer umschlossen wird nach der Art der großen Altäre, erhebt sich ein Lotosthron, auf welchem Buddha Amitabha im Meditationssitz Schutz und Wunscherfüllung verheißt. Ihm zur Seite stehen in tänzerisch-anmutiger Bewegtheit der Bodhisattva Avalokiteshvara (Guan yin), und Mahasthamaprapta (Da shi zhi). Vor dieser Triade die beiden Schutz- und Wissenskönige (Ming wang), auch Lishi genannt, die „Kraftvollen Krieger“. In den Hüften eingeknickt, führen sie eine starke Bewegung nach innen aus, Faust und flach gestreckte Hand zum Kung fu-Schlag bereit. Zwischen den Augenbrauen hat sich die Stirnfalte zur sogenannten „Löwennase“ (shi bi) zusammengezogen, Zeichen höchsten Zorns. Die Feinheit solcher noch genau erkennbarer Details und die Perfektion der Ausführung nahm die Bronze-Kunst der Tang-Zeit vorweg.

Und so, wie im Politischen, verwischten sich bereits unter den Sui die regionalen Unterschiede der Stile. Auf diesen Leistungen konnten die Tang aufbauen.