Geschichte
Im Jahre 626 löste der unter seinem Kaisernamen Tai Zong (Reg. 626-649) bekannte zweite Herrscher der Tang seinen seit 618 nur nominell regierenden Vater auf dem Thron ab. Dies war im Sinne der konfuzianischen Ethik ein unerhörter Vorgang, zumal der Usurpator bei diesem Staatsstreich gleich mehrere seiner Brüder umbringen ließ, darunter einen älteren Bruder. Dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - war er ein eifriger Förderer des Buddhismus, dessen Liturgien er bei offiziellen Staatsakten abhalten ließ. Gleichzeitig widmete er sich der Pflege des Konfuzianismus als Staatskult. Die integrierende Kraft seiner Persönlichkeit schweißte das Reich auf allen Gebieten erneut zusammen.
Die gleiche Dynamik, welche schon das Han-Reich entwickelt hatte, ergriff auch das aufblühende Tang-Imperium. Die stets bedrohlichen Osttürken wurden unterworfen. Chinesische Truppen drangen weit nach Zentralasien vor, besetzten das Tarimbecken und sicherten die Handelswege. Sie erreichten den Oxus und Afghanistan, wodurch die Kontakte mit dem Iran wieder aufgenommen wurden.
Unter Tai Zongs Sohn Gaozong (Reg. 650-683) dehnte sich China weit über die Grenzen des Han-Imperiums aus, es wurde im wahrsten Sinne des Wortes zum „Reich der Mitte“, zu einem Weltreich. Im Westen suchten die Perser Hilfe bei Gaozong gegen die Araber, die Mitte des 7. Jahrhunderts die Sassaniden vertrieben und Persien eroberten. Auch sie schickten Gesandtschaften. Im Süden fiel Vietnam. Die hinterindischen Königreiche sandten Tributleistungen. Im Osten gewann das koreanische Königreich Silla die Macht in Gesamtkorea mit Hilfe der Chinesen. Deren Vorherrschaft wirkte sich nicht nur politisch aus: Korea übernahm die chinesische Kultur und von dort gelangte sie nach Japan. Der japanische Kaiser schickte Botschafter, ebenso Byzanz und das buddhistische Königreich von Kanauj in Nordindien.
Die letzten Jahre Gaozongs waren überschattet von einer erschreckenden Persönlichkeit, seiner Hauptgemahlin Wu Hou (625-705). In ihr verband sich die schon unter den Han wirksame Tendenz der Kaiserinnen, ihrer Sippe zur Macht zu verhelfen, mit einer ungewöhnlichen persönlichen Herrschsucht. Sie ließ mehrere ihrer Enkel ermorden, wahrscheinlich auch einen eigenen Sohn, und setzte nach dem Tode des Kaisers zwei ihrer Söhne nacheinander als Schatten-Kaiser ein. Unterdessen suchte sie die Familie der Tang-Kaiser auszurotten. 690 proklamierte sie sich selbst zum Kaiser und gründete eine Dynastie Zhou, ein einmaliges und ungeheuerliches Ereignis, das gegen alle Sitten der konfuzianischen Überlieferung verstieß. Dennoch förderte sie den Konfuzianismus. Es war jedoch vorwiegend der Buddhismus, den sie als Stütze ihres Machtanspruchs benutzte. So ließ sie sich als künftigen Buddha apostrophieren und zugleich der buddhistischen Kirche ungeheuere Stiftungen zukommen, wobei Kunstwerke von einmaligem Rang entstanden und gewaltige Bauwerke.
Nach ihrem Tode und dem erneuten Versuch einer Kaiserin, die Alleinherrschaft zu gewinnen, stellte Kaiser Ming Huang, der „Glanz Kaiser“ (postum Xuan Zong, Reg. 713-756) die Tang-Herrschaft wieder her. Seine Regierungszeit wird als der Höhepunkt der klassischen Kultur Chinas angesehen. Er war ein Freund der Künste und zog Maler, Poeten, Musiker und Gelehrte an seinen Hof, an dem z. B. der große Dichter Li Tai bo wirkte. Von der Malerei auf Rollbildern ist wenig erhalten, nur Beschreibungen und einige Namen von Hofmalern, unter denen Wu Dao zi der berühmteste ist.
Politisch jedoch, und bald auch wirtschaftlich, begann der Niedergang des Tang-Reiches. Niederlagen gegen die Araber im Westen, gegen den Staat Nan Zhao in Yunan, Kämpfe mit Türken und Tibetern gipfelten in der Revolte des Generals An Lushan, der 755 Changan eroberte. Der Kaiser floh in den Süden und dankte ab. Nur mühsam konnte der Aufstand mit Hilfe ausländischer Truppen niedergeschlagen werden. Nach diesem Wendepunkt kam das Reich nicht mehr zu einer dauerhaften Ruhe. Die Randvölker bedrohten es immer wieder, bald fiel auch Korea ab.
Bereits Ming Huang hatte Buddha-Statuen aus Bronze und Edelmetallen einschmelzen lassen und Münzensammlungen zum Zwecke von Neugüssen verboten. Der unvorstellbare Aufwand von Ritualgeräten, Altären und Tempelschmuck band riesige Vermögen, die durch Stiftungen an die Klöster gingen. Hinzu kam steuerfreier Landbesitz des Klerus, durch welchen dem Staat hohe Einnahmen entzogen wurden. Die Schließung von Klöstern und die Rückversetzung zahlreicher Mönche in den Laienstand sollte Abhilfe schaffen. Jedoch die Stiftungen flossen weiter. Großgrundbesitzer und Kleinbauern vermachten ihr Land den Klöstern, um so dem Steuerdruck des Fiskus zu entgehen. Die Kleinbauern bearbeiteten dann das Land als Pächter weiter.
Um die Mitte des 9. Jahrhunderts wurde die Finanzlage des Staates so prekär, dass er zu Zwangsmaßnahmen greifen musste. Bereits 806 war Papiergeld eingeführt worden. Nun begann man die riesigen Vermögen der Klöster einzuziehen. Die Maßnahmen des Kaisers Wu Zong betrafen auch andere fremdländische Religionsgemeinschaften, trafen aber den Buddhismus am härtesten. Man empfand ihn hauptsächlich bei den nun wieder einflussreichen Konfuzianern, also einem Großteil der Beamtenschaft, als Staat im Staate. In ihren palastartigen Klosteranlagen, die oft ganze Stadtviertel einnahmen, betrieben die Mönche ein lebhaftes Geschäftsleben mit Mühlen, Herbergen, Saatgutverleih, Reliquienhandel und Bankgeschäften. 845 begannen die schwersten Buddhistenverfolgungen in der chinesischen Geschichte. Nie wieder erreichte der Buddhismus danach seinen einstigen Einfluss und die gleiche schöpferische Kraft. 260.000 Mönche und Nonnen wurden zwangsweise ins weltliche Leben zurückgeführt. 4.600 Großtempel und 40.000 kleinere Heiligtümer wurden zerstört. Dem Bildersturm fiel praktisch die gesamte buddhistische Kunst zum Opfer, soweit sie in Klosterbesitz war. Das bedeutet, dass von der Wandmalerei nichts mehr vorhanden ist außer in Dunghuang; von Skulpturen nur eine Reihe von Kleinbronzen; von Steinarbeiten die der Höhlentempel und einige durch Zufall erhaltene Einzelstücke. Buddhistische Großplastiken in Ton, Trockenlack, Holz oder Bronze aus der Tang-Zeit finden sich nur noch in Korea und Japan. An ihnen wird deutlich, welch unersetzlichen Verlust die chinesische Kunst damals erlitten hat.
Der Hauptgrund für die innere Schwäche des Reiches waren die nie wirklich überwundenen Gegensätze zwischen den verschiedenen Gesellschaftsgruppen, welche alle echten Reformversuche zum Scheitern verurteilten. Die Interessen von Adel, Großgrundbesitzern, Beamtenschaft, Hofcliquen und Eunuchen standen gegeneinander und neutralisierten sich gegenseitig. Gegen Ende der Dynastie konzentrierte sich alle Macht in den Händen von Militärgouverneuren, die wie Vizekönige herrschten und die eingetriebenen Steuern nicht mehr abführten. All dies geschah auf dem Rücken einer ausgepowerten, großenteils entwurzelten Bauernbevölkerung. Hungeraufstände brachen aus. 875 überschwemmten Bauernheere das gesamte Land und es kam zu schrecklichen Massakern in Kanton, Luoyang und Changan. Im folgenden Bürgerkrieg stiegen verschiedene Thronprätendenten auf. 906 zwang der Erfolgreichste von ihnen den letzten Marionetten-Kaiser, wiederum ein Kind, zur Abdankung.