Malerei im 19. Jahrhundert

Luo Ping siehe auch, der jüngste der bedeutenden Yangzhou-Maler, starb 1799. Im 18. Jahrhundert und insbesondere während der Qianlong-Periode hatten sich die eigenständigen Geister in die Provinz zurückgezogen, wo sie sich unbeeinflusst vom einseitigen Geschmack des Kaisers und des Hofes entwickeln konnten. Von den verschiedenen kulturellen Zentren des Reichs gingen die eigentlichen künstlerischen Impulse aus.

Die letzte Blüte der chinesischen Malerei hatte sich in Yangzhou entfaltet. Den Exzentrikern erwuchsen keine unmittelbaren Nachfolger. Ihre Originalität und ihr künstlerisches Niveau wurden während der Qing-Zeit nicht mehr erreicht. Die immer weitere Entfernung von der Natur, die schon Ende der Ming-Zeit eingesetzt hatte, der fast ausschließliche Rückblick auf alte Vorbilder, die immer kompliziertere Überlagerung von Stilschichten mit ihrem inhaltlichen wie stilistischen Anspielungsreichtum auf Maler und Dichter aller Epochen, all dies war von den Individualisten des 17. und des 18. Jahrhunderts wie auch von den großen orthodoxen Meistern noch künstlerisch bewältigt und in je eigener Weise zum Ausdruck gebracht worden.

Die Maler des 19. Jahrhunderts folgten den Rezepten einer traditionalistischen Literatenkunst. Die Reflexionen über Stiltraditionen und die damit zusammenhängenden literarischen und historischen Bezüge versponnen sich zu einem solch dichten Gewebe im Bewusstsein der Gelehrtenmaler, dass es ihnen den Zugang zu den Quellen künstlerischer Inspiration und zur unmittelbaren Anschauung der Natur versperrte. Ermüdende Wiederholung eines bewährten Vokabulars war die Folge: matte Imitationen, zwar technisch versiert, doch ohne die gestalterische Potenz, überlebten Formen erneut echten Ausdruck und wahre Lebendigkeit einzugeben. Hinzu kommt, dass offenbar nicht einmal mehr die komplexen Inhalte dieser Malerei von einem lebendigen Geist getragen wurden, sondern dass sie zu mumifiziertem Bildungsgut verkommen waren. Sobald jedoch einem Bildwerk der lebendige, erlebte Inhalt fehlt, muss es zur leeren Formhülse degenerieren.

Die Neigung, nach vielfach erprobten Formeln zu malen, erklärt die zunehmende Beliebtheit von Musterbüchern siehe auch, die an Beispielen vorführen, wie man „klassische“ Kompositionen im Stile verschiedener Epochen aus Versatzstücken zusammenstellen kann. Diese geistige und künstlerische Schwäche hatte nicht zuletzt auch äußere Ursachen.

Der erstarrte Konservativismus der Epoche gängelte nicht nur die Künstler, sondern entzog jeder nonkonformistischen Regung die Unterstützung von Sammlern und Förderern am Hofe und in der Beamtenschaft. Dies betraf die freien Literatenmaler wie die Hofkünstler, deren einst geachtete Stellung zu wenig mehr als zu der von Dienstpersonal herabgesunken war. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ragten aus der Masse mittelmäßiger Gelehrtenkünstler nur wenige hervor. Sie alle folgten jedoch konventionellen Mustern im Sinne der Wu-Schule siehe auch oder der Orthodoxen des 17. Jahrhunderts.

Chen Hongshou

Chen Hongshou (1768-1822) aus Hangzhou war ein Maler von Bambus, Pflaumen, Blumen und - seltener- Landschaften. Außerdem arbeitete er als Stempelschneider. Auch war er bekannt als Kalligraph. Seine zahlreichen Kalligraphien in verschiedenen Schriftarten sind noch heute bei Sammlern beliebt. Seine Blumendarstellungen wirken skizzenhaft, jedoch nicht flüchtig, sondern treffend genau, ebenso wie seine Bäume und Pflanzen . Landschaftsmotive erscheinen als Ausschnitte. Sie sind zart und duftig laviert . In gleicher Weise sind Blumen und Pflanzen nahegerückt und ragen meist ausschnittweise in den Bildraum, ganz in der Art Jin Nongs, dem er nacheiferte.

Er ist nicht zu verwechseln mit dem Ming-Meister des phonetisch gleichlautenden Namens.

Tang Yifen

Tang Yifen (1778-1853) malte Blumen und vor allem Landschaften im Stile Wang Huis siehe auch, wie auf der Querrolle des Britischen Museums „Der Lustgarten“ . Wie Wang Hui schätzte er weite Blicke aus der Vogelperspektive, wobei er die verschiedenen Motive einer Landschaft aus dem locker verteilten Dunst auftauchen ließ, der zwischen fernen Hügeln, in Tälern und über Gewässern lagert. Wie der Meister des 17. Jahrhunderts arbeitete er sodann jede Einzelheit heraus bis hin zum Blattwerk, das er sorgfältig unterschied, und bis zu genau gezeichneten Gebäuden, zu Figuren, Bambus, Schilf oder Gras. Seinen weiten Panoramen fehlt jedoch etwas von dem großen Zusammenhang der Kompositionen seines Vorbildes. Die unterschiedslos genau durchgeführten Details bewirken einen Zug ins Naive, da hier nicht mehr unterschieden wird zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem.

Ein technisch brillanter Landschafts- und Blumenmaler war Dai Xi (1801-1860), der sich eng an frühe Qing-Meister anschloss wie Shitao und Wang Hui .

Erst als um die Mitte des Jahrhunderts moderne Impulse in der westlich beeinflussten Handelsmetropole Shanghai spürbar wurden, stimulierte dies auch die dort ansässigen Künstler. Gelehrte und Literaten wie ihre Vorgänger, betrieben sie die Malerei jedoch nun professionell, ohne ihren bewussten Traditionalismus aufzugeben. Die Begabteren füllten die alten Stilformen mit neuem Leben, vorzugsweise die der Wu-Schule. Die Pinselsprache dieser Künstler wurde kraftvoller, die Formulierung der alten Sujets war mehr von einem inneren Erleben geprägt und energiegeladener, als die braven Erzeugnisse der meisten ihrer Zeitgenossen. Es scheint, als haben Dynamik und Modernität Shanghais - vielleicht auch das Zusammentreffen mit westlicher Kunst - als Herausforderung und Ansporn gewirkt, sodass sie neue Kräfte freisetzten.

Zu den führenden Malern gehörten Zhao Zhiqian (1829 - 1884) aus Zhejiang und Ren Bonian siehe auch siehe auch. Zhao, auch als Dichter, Kalligraph und Siegelgraveur erfolgreich, malte Felsen in Verbindung mit Pflanzen - mit Vorliebe Blumen und Weinranken - in einer frischen, handschriftlichen Art, in der sich bewusst die Nähe zum Schreibvorgang ausspricht .

Noch enger als Zhao verband sein Schüler Wu Changshi (1842-1927) seine Malerei mit der Kalligraphie. Er studierte antike Steininschriften und die Siegelschriften der Qin- und der Han-Zeit, woraus er seinen persönlichen Schreibstil entwickelte. In der Malerei verfolgte er die Traditionslinie von Individualisten wie Xu Wei, Zhu Da, Shitao und der Yangzhou-Exzentriker. In dem aus seiner Kalligraphie hervorgegangenen Duktus malte er Bambus-, Blumen- und Felsenbilder in einer bravourösen Pinseltechnik, die zuweilen an die Grenzen bloßer Routine gelangte - eine Gefahr auch gerade für die Begabtesten seiner traditionalistischen Nachfolger im 20. Jahrhundert. Im Zusammenspiel von Malerei und einer sehr markanten Kalligraphie schuf er Werke von eigenem Reiz .

Wegen der bedeutenden Rolle, welche die Schriftkunst in seiner Malerei spielte und wegen ihrer antiken Ursprünge, wurde die von Wu Changshi und seinem Kreis vertretene Richtung „Paläographische Schule “ genannt. Es war die letzte künstlerische Bewegung der Qing-Zeit, die mit dem Rückgriff auf die frühen Epochen der chinesischen Kultur noch einmal versuchte, Kraft zu schöpfen aus der ungeheuren Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen innerhalb der Tradition. Immerhin gelang es diesen Malern, die überlieferten Stoffe mit erneuerter Dynamik zu beleben. Ihre Haltung gewann allmählich Einfluss auf weitere Kreise und wirkte nahtlos fort bis ins 20. Jahrhundert. Ein Aufschwung zu den Höhen der frühen Qing-Meister blieb ihnen versagt.