Geschichte
Kublai Khan (1215-1294) mit dem chinesischen Kaisernamen Shizu, ein Enkel Dschingis Khans, gründete seine Dynastie 1271, noch bevor er das Süd-Song-Reich niedergeworfen hatte. Die chinesischen Historiographen verlegten den Beginn der Dynastie auf das Todesjahr der letzten Song-Prinzen 1279 siehe auch bzw. auf das folgende Jahr 1280. Die Dynastie-Gründung und der Dynastie-Name Yuan (Uranfang) verraten schon das ungeheuere Selbstbewusstsein, mit dem der Mongole Anspruch auf China erhob. Als Groß-Khan konnte er sich auf die größte und schlagkräftigste Militärmacht der damaligen Zeit stützen, deren Herrschaftsgebiet von Ostasien bis nach Europa reichte. Allerdings konnte er seine Macht nicht ohne innermongolische Widerstände ausüben. Abgesehen von ihren ständigen Nachfolgestreitigkeiten spalteten sich die führenden Clans in zwei Parteien: diejenigen, welche in den nomadischen Traditionen und der Stammesföderation die Garantie für den Bestand des mongolischen Weltreichs sahen, eine Verbindung, die sich unter Dschingis Khan als so erfolgreich erwiesen hatte. Kublai Khan und seine Anhänger sahen in einer staatlichen Verfestigung des Machtgefüges den künftigen Weg, wobei sie sich auf das Khanat China stützten, das volkreichste Land der Welt, dessen Reichtum und schier unerschöpfliche Ressourcen größere Beute versprachen, als der Rest Asiens. Nach dem Kublai in Clankämpfen und Bruderkrieg seine Ansprüche durchgesetzt hatte, verlegte er 1260, dem Jahr seines Regierungsantritts, zunächst die Hauptstadt nach Shengdu und wenige Jahre später nach Peking (Dadu, die „Große Hauptstadt“). Sommerresidenz blieb Shengdu (die „Obere Hauptstadt“) in der Inneren Mongolei.
Mit der Verlagerung des Machtzentrums aus Karakorum im Herzen der Mongolei fiel die Entscheidung für den Machtschwerpunkt China. Noch vor dem Feldzug gegen die Süd-Song begannen die Mongolen mit Angriffen auf Korea, das sie zu einem Vasallenstaat machten. Und sogar während des Krieges mit den Song versuchten sie von Korea aus eine Flotteninvasion Japans, welche sie nach einigen Jahren wiederholten, die aber beide scheiterten. Im Westen stießen sie südlich über Yunan hinaus bis nach Nord-Vietnam, Kambodscha und Burma vor. Diese militärisch aufwendigen Unternehmen blieben ohne dauernden Erfolg. Es waren Expeditionen, die offenbar durch die Eigendynamik der gewaltigen in Gang gesetzten Kriegsmaschinerie ihren Antrieb erhielten und gleichzeitig dazu dienten, den mongolischen Hegemonieanspruch als eine chinesische Macht zu demonstrieren. Diesem Zweck mochten auch zwei Flottenexpeditionen gedient haben, die bis nach Java führten.
Die eigentlichen außenpolitischen Auseinandersetzungen, welche die Yuan-Dynastie zu bestehen hatte, waren die mit ihren Stammesgenossen in Zentralasien. Interessenkonflikte und Clanfehden entwickelten sich schnell zu Kriegszügen, da beide Seiten ihrer Steppenmentalität entsprechend gewaltsame Konfliktlösungen bevorzugten. In gewissem Sinn gerieten Kublai und seine Nachfolger dabei in die Lage der Han- und Tang-Kaiser: sie vertraten den zivilisatorischen Reichsgedanken gegen die nomadische Stammesordnung. Die Kräfte, welche die mongolischen Traditionen und den Zusammenhalt des mongolischen Weltreichs höher stellten, als die mongolischen Einzelreiche, bestanden während der gesamten Yuan-Dynastie fort und gewannen zeitweise entscheidenden Einfluss auf die Politik des Kaiserhofes. Dies hatte stets antichinesische Maßnahmen zur Folge.
Die innermongolischen Streitigkeiten berührten China unmittelbar, da die Chinesen Hilfstruppen zu stellen hatten, sowie Armeen von Zwangsarbeitern. Die Steuerschraube wurde noch fester angezogen, sofern dies überhaupt möglich war.
Allerdings bedurfte es keiner Kriege, um die Ausbeutung so effektiv wie möglich zu gestalten. So zivilisiert Kublai Khan sich gab, letzten Endes blieb auch sein oberstes Ziel die Festigung der Herrschaft einer dünnen mongolischen Oberschicht auf Kosten der Masse des Volkes, keinesfalls jedoch eine Amalgamierung mongolischer und chinesischer Lebensformen und Überlieferungen zu einer neuen Einheit. Er unterschied sich von einer Reihe mongolischer Scharfmacher dadurch, dass er verstand, wie unsinnig es sei, das Huhn zu schlachten, welches die goldenen Eier legt. Gab es doch tatsächlich Pläne, Nordchina in Weideland zu verwandeln.
Kublai bemühte sich um ein Verständnis der chinesischen Kultur, wenn er auch die Sprache kaum beherrschte und schon gar nicht die chinesische Schrift. Er äußerte, seine Vorfahren hätten die Welt erobert, und noch keine Muße gefunden für verfeinerte Kultur. Er sah sich in dieser Beziehung im Gegensatz zu ihnen. Politisch klarsichtig begriff er, dass es unerlässlich für die Machterhaltung sei, einen Staatsapparat nach chinesischem Vorbild aufzubauen und ihn den eigenen Bedürfnissen anzupassen. In Nordchina übernahm man im wesentlichen die Struktur des Jin-Reiches und beließ im Süden die Verhältnisse bis zur mittleren Verwaltungsebene. In beiden Landesteilen lag die Kontrolle in mongolischen und zentralasiatischen Händen.
Die Berater in der Umgebung des Kaisers waren keine Mongolen, denen er offenbar misstraute, sondern Zentral- und Westasiaten, darunter auch Moslems, sowie einige wenige Chinesen. Da die Beamtenprüfungen abgeschafft worden waren und in den oberen Verwaltungsrängen kaum Chinesen belassen wurden, war die Loyalität dieser chinesischen Berater auf eine harte Probe gestellt. Ihre Kollaboration erklärt sich aus der Überzeugung der Überlegenheit der chinesischen Kultur und der daraus erwachsenden Aufgabe der Sinisierung, also Kulturerziehung der Barbaren. Es war zugleich der beste Schutz, die eigene Zivilisation vor der Zerstörung zu bewahren, eine geschichtliche Erfahrung, welche sich so bei allen fremden Eindringlingen bewahrheitet hatte. Mit gewissen Ausnahmen misslang jedoch diese Akkulturierung bei den Mongolen.
Die Loyalität dem Kaiser gegenüber, auch einem fremdstämmigen, entsprach der Auffassung vom „Mandat des Himmels“. Die kaiserliche Machtvollkommenheit war ein sichtbares Zeichen dieses Mandats. Der Kaiser legitimierte es durch die Arbeit für das Wohlergehen des Volkes, indem er seine Beamten zu Mandatsträgern machte, auf die er die Pflichten verteilte, die ihm vom Himmel aufgetragen waren. Unter Kublai Khan bestand aus der Sicht eines Teils der Konfuzianer noch die Chance für die Verwirklichung dieser Ordnung.
Die Finanzverwaltung oblag Ausländern aus den unterworfenen Gebieten Asiens, die mit allen Mitteln, auch der Rechtsbeugung und der Korruption, die Bevölkerung auspressten. Die Methode der Mongolen, zwischen sich und den Chinesen mit Hilfe von Fremden eine Pufferzone zu schaffen, gegen die sich der Hass der Ausgebeuteten unmittelbar richten konnte, wird auch durch die Angabe Marco Polos bestätigt, er sei bis zum Gouverneur von Yangzhou aufgestiegen. Während also Steuern und Finanzen Monopol der Fremden blieben, konnte sich in anderen Bereichen allmählich wieder eine chinesische Beamtenschaft formieren, ohne die man offenkundig nicht auskam. Zeitweise wurden sogar wieder die staatlichen Examina eingeführt, zu denen auch Mongolen und Nichtchinesen zugelassen wurden. Nach konfuzianischen Maßstäben waren diese Prüfungen jedoch von geringem Wert, da für die Kenntnis der Klassiker ja die vollkommene Beherrschung des Chinesischen Voraussetzung war. Nur wenige Mongolen ließen sich herbei, die Sprache der von ihnen Verachteten zu erlernen. Ihr Desinteresse an dem, was die Unterworfenen dachten und fühlten ging so weit, dass sogar antimongolische Schriften erscheinen konnten. Es zeigt die Mentalität des Steppennomaden: mochte die Herde blöken, wenn sie nur produzierte. Die chinesischen Beamten ihrerseits lehnten es ab, die Barbarensprache zu erlernen. Hier gewannen die Fremden wiederum eine wichtige Funktion als Dolmetscher. Es kam zu einer Verwilderung der Amtssprache, da in den Akten wörtliche chinesische Übersetzungen neben den mongolischen Verordnungen standen, also chinesisch mit mongolischer Syntax.
Entsprechend ihrer Praxis, unterworfene Völker durch Spaltung zu schwächen, teilten die Mongolen auch die Bevölkerung Chinas in Klassen mit unterschiedlichem Rechtsstatus. Der mongolischen Herrenschicht von einigen Hunderttausend folgten in der Hierarchie die fremdstämmigen „Personen mit Sonderstatus“, danach die etwa zehn Millionen Einwohner des ehemaligen Jin-Staates, also neben Chinesen auch Kitan, Dschurdschen und Koreaner. An unterster Stelle rangierten die 50 Millionen des einstigen Süd-Song-Reiches, die als „Süd-Barbaren“ bezeichnet wurden, eine groteske Umkehrung des kulturellen Gefälles. Unter diesen stand noch die Bevölkerungsgruppe, welche die Mongolen unmittelbar nach der Eroberung Nordchinas massenweise versklavt hatten und deren Status erblich war.
Der Süden hatte die Hauptsteuerlast zu tragen, da hier der größte und produktivste Teil der Bevölkerung lebte. Was der Norden an Agrarerzeugnissen und Handwerksgütern hervorbrachte, ging nicht in die Staatskasse, sondern fiel zum größten Teil an die mongolischen Clans, die der Kaiserhof mit riesigen Landstrichen samt Einwohnern bedacht hatte. Bewohner des Südens durften grundsätzlich keine hohen Ämter begleiten. Nur in Sonderfällen und mit höchster Protektion wurde diese Regel durchbrochen. Um so mehr konnten sich die mittleren und größeren Landbesitzer, aus deren Klasse sich die Beamten rekrutiert hatten, ihren Gütern widmen.
Ein wirtschaftlicher Aufschwung setzte ein unter dem Schutz der „Pax Mongolica“. China wurde nicht mehr mit Kriegen überzogen, Innerasien war offen, die Karawanenstraßen sicher und auch der Überseehandel blühte auf. Die Kaufmannschaft konnte sich freier entfalten, nun nicht mehr bevormundet von konfuzianischen Beamten. Es kam zur Bildung riesiger Privatvermögen auch in chinesischer Hand und durch die Monopole, die der Staat verlieh, zur Preistreiberei. Die Verwendung von Papiergeld erleichterte geschäftliche Transaktionen. Da man aber die Zusammenhänge zwischen Geldumlauf und Sozialprodukt nicht begriff, führte dies gegen Ende der Dynastie zu einer verheerenden Inflation. Das Bankwesen beherrschten weitgehend Perser, Syrer oder andere Ausländer, die schon beim Fiskus tätig waren und deren erpresserischer Wucher immer wieder angeprangert wurde.
Der Handel quer durch Asien floss in beide Richtungen. Über seine Karawanenwege erreichten schließlich auch westliche Kaufleute China. Allerdings waren Maffeo, Nicolo und Marco Polo, die 1275 nach Peking gelangten, nicht die ersten Europäer. Schon für 1261 vermerkt ein chinesisches Register Leute aus dem Frankenland (Abendland) am Kaiserhof. Übrigens sind die Polos in keiner bisher bekannten chinesischen Quelle erwähnt, wie auch die meisten päpstlichen Gesandtschaften nicht, welche nach der Schlacht von Liegnitz 1241 und der Zerstörung Breslaus zunächst nach Karakorum und später nach Peking geschickt wurden. Den mongolischen Rückzug nach der Schlacht von Liegnitz verdankt Europa wohl weniger dem christlichen Ritterheer, als vielmehr dem Tod des Großkhans Ogodai. Maroc Polos „Beschreibung der Welt“ gab dem Abendland zum ersten Mal Kunde vom Glanz des Reichs der Mitte. Es war sicherlich nicht nur das erfolgreichste Buch des hohen Mittelalters, sondern kulturhistorisch auch das folgenreichste. Auf der Suche nach den von ihm beschriebenen Ländern wurde die Welt „entdeckt“. Kolumbus führte das Buch mit sich, als er den Seeweg nach Indien suchte.
Wie der Handel, der das seit Jahrhunderten getrennte Reich langsam wieder zusammenwachsen ließ, wirkte auch der ausgezeichnete Post- und Kurierdienst, der schnellste und bestorganisierte der damaligen Welt. Er ähnelte dem der Inkas. Läuferstafetten legten Strecken von jeweils etwa fünf Kilometer zurück. Auch Reiter und Hundegespanne wurden eingesetzt. Poststationen und Karawansereien lagen in regelmäßigen Abständen an den Hauptverbindungswegen.
Um den Norden mit Getreide und anderen wichtigen Gütern zu versorgen, wurde der zerfallene Kaiserkanal wiederhergestellt, auch dies ein Faktor der Vereinheitlichung des Reiches. Den religiösen Gruppen gegenüber bewiesen die Mongolen dieselbe gleichgültige Toleranz wie dem Denken ihrer Untertanen. Christliche Missionierung - hauptsächlich durch Franziskaner - wurde geduldet. Die Kurie erhob Peking sogar zum Erzbistum, ein hochgemuter Schritt, bedenkt man die verhältnismäßige Winzigkeit der christlichen Gemeinden. Sie sollten unbedeutend bleiben und bestanden vorwiegend aus eingewanderten westlichen Kaufleuten. Ebenso waren Judentum, Islam und Manichäismus von ausländischen Minderheiten getragen. Eine erhebliche Zahl turkstämmiger Zentralasiaten bildeten nestorianische Gemeinden, Kirchen und Klöster. Wie unter den vergangenen Dynastien, genoss der Klerus aller Religionsgemeinschaften Steuerfreiheit, sogar die Konfuzianer, soweit sie Riten im konfuzianischen Tempel vollzogen. Die großen einheimischen Religionen wurden ebensowenig behindert, obwohl vor allem die buddhistischen Klöster sich zu Stätten chinesischen Kulturbewusstseins entwickelten mit einer kritischen, ja ablehnenden Grundtendenz fremden Einflüssen gegenüber.
Diese sich allmählich verfestigende Frontstellung des chinesischen Buddhismus wurde nicht zuletzt ausgelöst durch den übermächtigen Einfluss, den der Lamaismus gewann. Diese tibetische Form des Buddhismus mit seiner Vielzahl von Gottheiten und dämonischen Erscheinungen, seinem Ritualismus und magischen Praktiken, entsprach der religiösen Vorstellungswelt der Mongolen, die im Schamanischen wurzelte. Es war ein tibetischer Lama, der Kublai zum tibetischen Buddhismus bekehrte. 1260 schuf der Kaiser für ihn das Amt des „Reichslehrers“ mit der Oberaufsicht über den buddhistischen Klerus sämtlicher Schulen. In der Folgezeit wurde der lamaistische Buddhismus die maßgebende Religion unter den Mongolen.
Die Korruption und Dekadenz der lamaistischen Geistlichkeit wurde von den chinesischen Historikern heftig angeprangert, wozu die Einführung des Shaktismus am Kaiserhof, eines erotischen Kultes, besonderen Anlass gab. Die Verknappung von Münzen und Edelmetallen hat man auf den riesigen Bedarf der Lamatempel für ihre Ritualbildnisse zurückgeführt. Tatsächlich erhielt die Sakralkunst neue Impulse.
So sehr diese Richtung des Buddhismus also von staatlicher Seite gefördert wurde - Lamaklöster entstanden im ganzen Land - so wenig Anklang fand sie bei den Einheimischen. Der Lamaismus wurde als fremdartig und barbarisch empfunden und mit den Unterdrückern identifiziert.
Die Abneigung allem Fremden gegenüber entwickelte sich naturgemäß aus der Erfahrung der Chinesen mit ihren Beherrschern und den Ausländern, die aus allen Teilen des mongolischen Weltreichs nach China kamen und an der Ausbeutung teilnahmen. Hinzu kam ein Überlegenheitsgefühl anderen Kulturen gegenüber. Die Kehrseite war, dass befruchtende Anstöße aus anderen Hochkulturen nicht mehr aufgenommen wurden, wie etwa aus Persien, mit dem nach wie vor enge Handelsverbindungen bestanden. Die kulturellen Kontakte mit Indien erloschen. Nordindien wurde immer wieder von Wellen islamischer Eroberer heimgesucht, welche die Reste des Buddhismus dort vernichteten. So schritt die chinesische Kultur weiter auf dem Weg einer selbstgewählten Isolation. Allerdings hatte sie noch Substanz genug, um auf bestimmten Gebieten bedeutende Werke hervorzubringen, ja Neuartiges zu schaffen.
Hierzu gehört vor allem das Aufblühen einer volkssprachigen Literatur: Novellen, Romane und Bühnenstücke. Die Form der chinesischen Oper, die damals entstand, hat bis heute nichts von ihrer Popularität verloren. Es sind Singspiele mit Zwischentexten in Prosa, verbunden mit Pantomime und Akrobatik. Die Stoffe wurden der klassischen Literatur entlehnt, aber auch der buddhistischen und daoistischen Überlieferung. Dass eine solche Literatur sich entfalten konnte, verdankt sie der Tatsache, dass der Einfluss einer klassisch gebildeten Beamtenschicht geschwunden war, die eine umgangssprachliche Dichtung als vulgär verachtete. Auch dies eine der ungewollten Folgen des mongolischen Herrschaftssystems.
Während die Mongolen also keinen unmittelbaren Einfluss auf die Lebensweise der Chinesen ausübten und die Unterworfenen sich selbst überließen, waren sie damit beschäftigt, sich selbst zugrunde zu richten. Allein schon ihre zahlenmäßige Unterlegenheit musste auf die Dauer zur Niederlage führen, wenn sie ein Sechzig-Millionen-Volk zum bewaffneten Widerstand reizten. Sie selbst erreichten kaum eine Million. Allein durch Unterdrückung konnte eine solche Herrschaft nicht aufrecht erhalten werden. Da die Mongolen es versäumten, zumindest die Führungsschichten für sich zu gewinnen und die altchinesischen Institutionen zu nutzen, blieb ihnen nur eine Ausbeutungsherrschaft durch Gewalt. Sie konnten und wollten die Funktion eines differenzierten Staatswesens nicht verstehen. In ihrer Verblendung verachteten sie die Träger dieses Organismus, da sie sich ihnen als militärisch überlegen gezeigt hatten. Was sie zu Fall brachte, war diese Arroganz der Mächtigen. Im Grunde waren sie einem primitiven Stammesdenken verhaftet geblieben.
Nach dem Tode Kublai Khans bestand die Politik des Hofes aus ununterbrochenen Intrigen, Putschversuchen und sogar kriegerischen Auseinandersetzungen um die Machtfolge, wobei der unterlegene Prätendent samt Anhang gewöhnlich nicht überlebte. Die Spaltung in „mongolische“ und „chinesische“ Partei wurde überlagert vom Clan-Egoismus, der stets die Oberhand gewann. War es in früheren Dynastien bei solchen Parteikämpfen außer um Machtgewinn auch um die Belange des Staates gegangen, so ließen die mongolischen Hofcliquen jedes Interesse an einer Staatspolitik vermissen. Jeder Versuch der wenigen vernünftigen und begabten Männer, welche zeitweise die politische Führung innehatten, das nach 1330 aus den Fugen geratene Reich zusammenzuhalten, war so zum Scheitern verurteilt.
Das Ende der Dynastie ähnelte dem vieler ihrer Vorgänger: sie war nicht mehr in der Lage, die massiert auftretenden Problem zu bewältigen. Missernten, Überschwemmungen, Teuerung, Steuerlasten, Landwegnahmen und Räuberwesen führten zu einer immer weiter um sich greifenden Verelendung. Unter Führung religiöser Geheimgesellschaften, wie der Sekten des „Weißen Lotos“ und der „Roten Turbane“ flammten in verschiedenen Provinzen Aufstände auf, die zunächst nicht untereinander im Zusammenhang standen. Ausgerechnet ein riesiges Sanierungsprojekt zur Regulierung des Huanghe 1351 war Auslöser heftiger Rebellionen, da in dem ohnehin verarmten Gebiet 150.000 Fronarbeiter zusammengezogen wurden und eine ganze Armee zur Sicherung der Arbeiten. Der Süden entglitt der Kontrolle der Zentralregierung gänzlich. Einem Bauernsohn und ehemaligen buddhistischen Mönch aus Anhui, Zhu Yuan Zhang (1328-1398) ging als Rebellenführer aus dem „Weißen Lotos“ hervor. Es gelang ihm, das Kommando über alle Rebellentruppen an sich zu reißen. Allmählich formte er die sozialrevolutionäre Bewegung in eine nationale um, wodurch er auch die Mitarbeit der chinesischen Oberschichten gewann. 1356 setzte er sich in Nanking fest und weitete von dort sein Machtgebiet aus. 1368 nahm er Peking, aus dem der letzte Yuan-Kaiser, Toghan Timur (Shun di), geflohen war. Als Kaiser Hong wu rief Zhu im gleichen Jahr seine Dynastie in Nanking aus: die Dynastie Ming, „die Glänzende“.