Architektur der Tang-Zeit

Die „Große Wildgans Pagode“ (Da yan ta)

Im Jahre 645 kehrte der Mönch Xuan Zang von einer sechzehnjährigen Reise in die Hauptstadt des Reiches, nach Changan zurück, dem heutigen Xi’an, Provinz Shaanxi. Er kam aus Indien, wo er eine Zeitlang am Hofe des Harsha von Kanauj verbracht hatte, der ein glühender Anhänger des Mahayana-Buddhismus war. Mehrere Jahre studierte Xuan Zang an der Universität von Nalanda, dem Zentrum der Mahayana-Theologie. Damals besuchte er auch eine der heiligsten Stätten des Buddhismus, Bodhgaya, wo Buddha der Überlieferung nach die Erleuchtung gewann.

Der dortige Tempel ist ein mehrgeschossiger, sich nach oben verjüngender Turm, auf dessen Dach sich ein Stupa erhebt . Im Untergeschoss verehrt man ein großes Bildnis des Shakyamuni. Die Konzeption dieses Bauwerks ist nicht denkbar ohne den Einfluss des brahmanischen Tempelturms. Sie verbindet den Gedanken des unzugänglichen Grab- und Verehrungsmals mit dem des betretbaren Bildnis- und Gebetsraums.

Nach seiner Rückkehr wurde Xuan Zang Vorsteher des „Klosters der Barmherzigen Gnade“ (Ci en si). Mit kaiserlicher Erlaubnis und Förderung ließ er eine Pagode errichten zur Aufbewahrung der heiligen Schriften, der als überaus kostbar, ja reliquiengleich angesehenen Sutras, die er aus Indien mitgebracht hatte. Der Bau wurde 652 aufgeführt mit fünf Geschossen und nach seinem Verfall ab 704 erneuert mit sieben Geschossen . Sein Name „Große Wildgans Pagode“ (Da yan ta) soll auf Xuan zang zurückgehen und bezieht sich auf eine der Vorgeburtserzählungen (Jataka) des Buddha, worin der spätere Buddha als König der Wildgänse lebte. Zahlreiche Dichtungen belegen, welch überragende Bedeutung dem Bauwerk noch nach Jahrhunderten beigemessen wurde. Die Pagode soll der in Indien geprägten Bauform gewissenhaft nachgebildet worden sein. Es liegt nahe, dass dem Erbauer der Erleuchtungstempel von Bodhgaya vorschwebte und es gibt auch einige Gemeinsamkeiten: der sich nach oben verjüngende Pyramidenstumpf mit quadratischem Querschnitt, seine annähernd gleiche Höhe von 60 Meter, die fünf Meter hohe Sockelplattform. Wie das vermutliche indische Vorbild ist der Turm betretbar und ebenfalls ein Massivbau, allerdings nicht aus Stein, sondern aus Lehm und Ziegeln errichtet.

Trotz gewisser struktureller Gemeinsamkeiten erinnert jedoch nichts mehr an ein indisches Bauwerk. Dieses älteste Beispiel der Tang-Baukunst ist in der Bescheidenheit seiner Mittel, in der Klarheit seines Aufbaus, in der Harmonie seiner Gliederung eine rein chinesische Schöpfung, die sich deutlich absetzt von der ornamentalen Fülle indischer Tempelbauten. Jedes der stufenförmig zurückspringenden Stockwerke wird durch ein kraftvoll vorspringendes Gesims vom nächsten klar abgegrenzt. Diese Gesimse bestehen aus übereinander vorspringenden Ziegelreihen, unter denen zwei Friese von schräg verlegten Ziegeln einen Sägeschnitt bilden, das einzige rein dekorative Element des Baues. Das Zeltdach ist nicht mehr von einem Stupa gekrönt, sondern von dem vasenförmigen Knauf des „Buddhistischen Juwels“ (bao ding). Der mit gelben Ziegeln verkleidete Lehmkern füllt fast den gesamten Rauminhalt des Turms. Nur in der Mitte ist ein quadratischer Schacht offen gelassen . Eine Holztreppe verbindet die Geschosse, in welchen höhlenartige Korridore, die zu den Fensteröffnungen führen, sich nach den vier Himmelsrichtungen in gleicher Weise wiederholen.

Die Außenwände jedes Stockwerks sind von Pilastern gegliedert, welche die zweite Quelle dieses Bautyps verraten: es ist der hölzerne Stockwerkturm wie er aus den Han-Gräbern als Tonmodell bekannt ist siehe auch . Die nur wenig vorspringenden Wandpfeiler zeigen die Säulenzwischenräume (jian) der Holzhallen. Von unten nach oben nimmt ihre Zahl ab: von neun über sieben zu fünf Interkolumnien. Dabei ahmen sie auch den mittleren, den „lichten Zwischenraum“ (ming jian) nach, also das Mitteljoch eines Holzbaus. An dieser Stelle öffnet sich hier in jedem Geschoss, außer dem unteren, ein Rundbogenfenster, das wie ein Portal bis zum Fußboden reicht. Die Lisenen sind also mehr als Dekor. Sie verdeutlichen und wiederholen einen Grundgedanken der chinesischen Architektur, der ja schon in dem Bau selbst angelegt ist: das Übereinandertürmen gleichartiger Bauelemente. Im buddhistischen Kontext können die Stockwerke und die von den Wandpfeilern dargestellten Hallen die verschiedenen Welt- und Himmelszonen symbolisieren. Im Erdgeschoss befinden sich an der Südseite drei Portale, von denen die seitlichen Scheinportale sind. Ihre Oberschwellen bestehen aus halbrunden, schwarzen Marmorplatten, deren Ritzzeichnungen Ereignisse aus dem Leben Buddhas darstellen. Das Bogenfeld der Westseite ist besonders aufschlussreich für die Architekturgeschichte: es zeigt den predigenden Buddha in einer Tempelhalle des frühen Tang-Stils, dessen Holzarchitektur ja fast vollständig verloren ist .

In dieser monumentalsten aller chinesischen Pagoden sind die beiden Hauptströme des Reliquienturms zusammengeflossen und eine einzigartige Verbindung eingegangen: der indische Massenbau, dessen höhlenartige Innenräume eng verwandt sind mit den altindischen Grottenheiligtümern, und der chinesische Ständerbau. Mit diesem Bauwerk, das bereits zu seiner Zeit zu einem der wichtigsten zählte, war ein Prototyp geschaffen, der während der gesamten Tang-Dynastie Geltung behielt.

Die Grabpagode (mu ta) des Xuan Zang

Der ca. 20 Meter hohe Turm, errichtet 669 und erneuert im Jahre 828 im „Tempel der Blühenden Lehre“ (Xing jiao si) südlich von Xi’an, ist ebenfalls eine Stufenpagode auf quadratischer Grundfläche . Ihre fünf Stockwerke nehmen nach oben hin nicht nur an Durchmesser, sondern auch an Höhe ab, wodurch ihr Umriss eine leicht konvexe Kurve beschreibt. Am auffälligsten ist die Behandlung der Fassaden. Die Nachahmung der Holzbauweise ist nun nicht mehr nur angedeutet, sondern von großer Detailtreue.

Jedes Geschoss ist in drei Joche gegliedert. Die Pfeiler imitierenden Halbsäulen, die mit drei Seiten aus der Wand vortreten, tragen dreiarmige Konsolenkapitelle, welche die vorspringenden Dachgesimse zu stützen scheinen . Sogar die vorstehenden Balkenenden sind im Ziegelmauerwerk genau wiedergegeben. Die Dächer darstellenden Gesimse sind ähnlich denen der Da yan ta ausgebildet und mit dem gleichen Sägeschnitt-Muster dekoriert. Abgesehen von den bei Ziegelbauten üblichen Bögen über den Fenstern und dem Zugangstor im Untergeschoss, vermittelt die Pagode eine Vorstellung vom Aussehen zeitgenössischer Holzpagoden, die es vermutlich in beträchtlicher Zahl gab.

Die „Kleine Wildgans Pagode“ (Xiao yan ta)

Dieses Bauwerk, bei dem jede Imitation aufgegeben ist und das mit den vorgegebenen Gestaltelementen der Pagode zu einer abstrakten Schönheit findet, steht im „Tempel der Großen Glücksgabe“ (Da xian fu si) von Xi’an . Der im Vergleich mit der Da yan ta zierlich wirkende Ziegelbau von 707 steht auf einer zwei Meter hohen, quadratischen Plattform und ragt mit heute mit 15 Geschossen 43 Meter hoch. Ein Erdbeben von 1556 zerstörte die oberen Geschosse und die Dachbekrönung.

Die Xiao yan Pagode besitzt die selbe Klarheit und Strenge der Linienführung wie ihre ältere Schwester, doch durch die ausgeprägte Horizontalgliederung ihrer Gesimse hat sie nichts von deren archaischen Schwere. Durch die Gesimsdichte wird der Massencharakter des Mauerwerks aufgelöst, das zwischen den oberen Gesimslagen fast verschwindet. Die nach oben immer stärker eingezogenen und flacheren Geschosse ergeben eine aufsteigende, parabelförmige Kurve von sicherer Eleganz. Die immer dichter aufeinander folgenden Stufen erwecken den perspektivischen Eindruck einer größeren Höhe. Der annähernd kubische Block des Erdgeschosses, dessen schmucklosen Außenwände leicht geböscht sind, bildet einen spannungsvollen Gegensatz zu den dicht gestaffelten Obergeschossen. In den Block des Erdgeschosses ist der einzige Raum des Gebäudes eingelassen, eine kleine Kammer, die vermutlich einst ein Verehrungsbildnis enthielt. Der Turm darüber besteht aus ziegelumkleidetem Stampflehm. Dem überdachten Eingang im Süden entspricht eine Scheintür im Norden. Beide haben waagerechte Oberschwellen während darüber kleine, rundbogige Scheinfenster bis zum obersten Geschoss übereinander gereiht die Fassade akzentuieren.

Die Grabpagode des Jing Cang

Die Pagode des Siebten Patriarchen der Chan-Sekte steht im „Tempel der Versammelten Tugenden“ (Hui shan si) im Songshan Gebirge, Provinz Henan . Sie wurde 746 errichtet und ist wiederum die Nachbildung einer Holzkonstruktion in Ziegelbauweise. Der achteckige Baukörper und das kegelförmige Dach deuten auf die Umsetzung des runden Sockels und der Halbkugelgestalt des Stupas in die Möglichkeiten der Holzkonstruktion. Das Polygon ist eine Baugestalt, mit der schon in früheren Jahrhunderten experimentiert wurde, wie etwa an der Pagode des Song yue si siehe auch.

Horizontale Gesimse gliedern das Bauwerk in deutlich voneinander abgesetzte Stufen. Die Oberflächenbehandlung des Sockels ist heute nicht mehr erkennbar. Möglicherweise war er mit Figuren-Nischen oder Ornamenten dekoriert. Im Grabkammergeschoss wirken die vertikalen Pfeiler, Fenster- und Türrahmen den horizontalen Tendenzen entgegen und halten sie im Gleichgewicht. Mit Ausnahme des vermauerten Eingangs, der als Rundbogenportal ausgeführt ist, sind hier alle übrigen Gestaltungselemente dem Holzbau entnommen. Die dreiseitigen Halbsäulen an den Gebäudeecken tragen dreiarmige Konsolen, welche die umlaufenden Balkenimitationen unter dem Traufdach zu stützen scheinen. Unterhalb der Säulenköpfe sind die unteren Trägerbalken in den Säulenschaft „eingezapft“. Auf diesen Balken sitzen Entlastungsdreiecke, welche die Traufenpfette stützen. Diese Streben wurden später zunehmend durch Konsolen ersetzt. Darunter sind die Felder zwischen den Ecksäulen abwechselnd ausgefüllt von Blendfenstern mit Gitterstäben und Reliefs, die nagelbeschlagene Holztüren darstellen. Das Dach ist mit Hilfe von Gesimsen dreifach gestuft. Die beiden unteren ahmen überstehende Traufen nach durch sechs übereinander vorkragende Ziegelreihen. Im oberen dieser beiden Gesimse ist nach jeder Seite eine Nische eingelassen, die wahrscheinlich einmal Figurenschmuck enthielt. Über diesen achtseitigen Traufgesimsen steigt das stark zerstörte Zeltach achtseitig an. Die dritte Gesimsstufe ist rund. Von hier ab verjüngt sich das Dach kegelförmig in aufgemauerten Ringen. Es ist die Übersetzung der Ehrenschirme über dem Stupa in die Ziegelbauweise. Der Kegel endet mit einem Lotoskranz, der von der Kugelgestalt des buddhistischen Juwels gekrönt wird.

Halle im „Tempel der Südlichen Meditation“ (Nan chan si)

Vermutlich ihrer Unscheinbarkeit wegen ist eine kleine Tempelhalle vor der Zerstörung während der Buddhistenverfolgungen von 845 bewahrt geblieben. Sie ist das älteste bekannte Holzgebäude Chinas, stammt aus dem Jahre 782 und steht im Nan chan Tempel nahe der Kreisstadt Wutai, Provinz Shanxi .

Die Halle hat einen Grundriss von etwa 12 x 10 Metern, nähert sich also einem Quadrat an, weshalb die Anzahl der Säulenabstände auf jeder Seite gleich ist: drei Joche, wobei an Front- und Rückseite das mittlere Joch, der „lichte Zwischenraum“ (ming jian) verbreitert ist. Die Wände zwischen den Säulen sind aufgemauert. Dies erscheint ungewöhnlich, da bei späteren Holzhallen höchstens die Seitenwände, seltener die Rückwände und die Fassaden bis zu den Fensterbrüstungen aus massiven Mauern bestehen. Die senkrechten Stäbe in den Fenstern und die mit Nägeln beschlagene Tür entsprechen genau den Blendtüren und -fenstern der zeitgenössischen Ziegelpagoden.

Ein Fußwalmdach deckt die Halle. Seine Traufen sind an den Ecken leicht angehoben. Der First verläuft waagrecht ohne Krümmung. An seinen Enden sitzen chi wei-förmige siehe auch Akrotere. Die Dachflächen zeigen nur eine leichte Einwärtsbiegung und haben einen relativ flachen Neigungswinkel. Die überstehenden Traufen werden von dreistufigen Konsolen gestützt, die auf den Säulenköpfen ruhen . Wegen der geringen Jochbreiten waren keine Konsolen oder Entlastungsdreiecke zwischen den Pfeilern notwendig, um die Traufen zusätzlich abzufangen. Aus den Konsolengruppen ragen keine Schrägarme (ang) hervor. Ihre Funktion, je einen Längsbalken unter dem Dach und unter der Traufe in Balance zu halten, wurde vermutlich wenig später bei komplexeren Dachstuhlkonstruktionen entwickelt. Hier sind die Pfetten unter dem Dach noch unmittelbar in die Querbalken eingelassen. Der Firstbalken lagert auf niedrigen Stuhlsäulen, die von seitlichen Strebebalken abgestützt werden. Nach dem gleichen Prinzip sind das Frontportal und die beiden Fenster gegliedert. Ebenso lehnen Strebebalken gegen die Enden der mittleren Querbalken, auf denen die seitlichen Pfetten ruhen. Anstelle von Stuhlsäulen, die später allgemein in Gebrauch kamen, tragen breit gelagerte Stützelemente, „Kamelhöcker“ (tuo feng), diese Mittelbalken. Die Höcker wiederum lagern auf den langen, unteren Querbalken (liang), welche die gesamte Halle in der Tiefe überspannen. Dadurch entsteht ein freier Innenraum ohne Säulen mit genügend Platz für den Altar mit seinen zahlreichen Holzskulpturen.

Die ausgeglichenen Proportionen des bescheidenen Bauwerks, die Klarheit seiner Strukturen und die kraftvoll ausfächernden Konsolen sind kennzeichnend für den Tang-Stil.

Die Haupthalle des „Buddhaglanz Tempels“ (Fo guang si)

Sie ist das zweite Holzgebäude aus der Tang-Zeit und damit das zweitälteste Chinas . Das Tempelkloster liegt unweit der Stadt Wutai im „Fünf-Terrassen-Gebirge“ (Wutaishan), einem der vier Heiligen Berge des Buddhismus in China und eine alte Pilgerstätte, wo der Bodhisattva Manjushri (Wen shu) siehe auch verehrt wurde. Die Halle stammt aus dem Jahre 857, wurde also bald nach der großen Buddhistenverfolgung errichtet, während der das Kloster niedergebrannt worden war.

Das einfache Grundschema des chinesischen Hauses, ein von Pfeilern getragenes Dach, ist hier zu einer Struktur mit einem hochkomplizierten Stütz- und Konsolensystem ausgebildet, die aber im Ergebnis ein Bauwerk von scheinbarer Simplizität mit klaren Formen und Rhythmen hervorbrachte siehe auch. Das etwas über 37 Meter breite und 21 Meter tiefe, eingeschossige Gebäude nimmt in der Breite sieben gleichmäßige Pfeilerabstände ein. Das Mitteljoch ist nicht verbreitert. Fünf quadratische Portale, deren hölzerne Doppelflügel mit Eisen beschlagen sind, bilden die Zugänge . Zwei Fenster mit senkrechten Stabgittern füllen die äußeren Joche. Die Wände unterhalb der Fensterbrüstungen und die übrigen Außenwände bestehen aus dickem, verputztem Ziegelmauerwerk. In der Tiefe misst die Halle vier Joche, müsste also fünf Säulenreihen aufweisen. Durch eine verwickelte Dachunterkonstruktion konnte man die mittlere Säulenreihe wegfallen lassen, um Raum zu gewinnen für den Altar, der sich mit seinen zahlreichen Kultbildern in der Breite der Halle an der vorletzten Säulenreihe über fünf Jochbreiten hinzieht. Auf diese Weise entstand ein Querschiff, dessen Deckengebälk durch Vermehrung der Konsolenstufen erhöht wurde. Dieses Prinzip blieb auch später bei Kult- und Thronhallen in Gebrauch.

Die leicht nach innen gebogene Fläche des Walmdachs fällt sanft ab, ebenso die Dachkanten, die eine schwache Einwärtsbiegung andeuten, welche an den angehobenen Dachecken ausläuft. Auch der First zeigt eine leicht konkave Krümmung, die optisch bedeutend verstärkt wird durch die beiden drachenartigen Akrotere (chi wei) an den Firstenden, die wie Hörner aufragen. Durch diese Formgebung erweckt das Dach trotz seiner Masse den Eindruck von Leichtigkeit. Im unteren Teil des Baukörpers bilden die aufsteigenden Elemente eine Gegenkraft, insbesondere die Säulen, deren Schäfte halbrund aus der Wandfläche hervortreten. Beide Teile des Baukörpers befinden sich in vollkommenem Gleichgewicht siehe auch.

Vor allem aber sind es die raumgreifenden Konsolengruppen, die unter dem weit auskragenden Traufdach vermittelnd wirken . Ihre monumentale Wucht entspricht ganz den übrigen Proportionen des Baus, ihr Konstruktionsprinzip liegt offen ohne die geringste dekorative Zutat, wie sie in der späteren Architektur üblich wurde. Die nach drei Seiten ausgreifenden Konsolenarme über den Säulenköpfen sind dreifach gestuft. Sie tragen zwei schräge Hebelarme (ang) übereinander, die aus dem Dachgebälk herausragen und vermittels einer letzten Konsole den äußeren Längsbalken (fang) unter der Traufe stützen. Über jedem Eckpfeiler türmt sich ein gewaltiges Konsolenbündel. Nach drei Seiten stoßen die spitz zulaufenden Hebelarme daraus hervor: je zwei an der Front- und der Schmalseite der Halle und drei in der Diagonalen. Sie heben mit Hilfe mehrerer Zwischenglieder die Dachecken an. Die Jochfelder zwischen den Säulen sind von zweistufigen Konsolengruppen ausgefüllt, die auf dem unteren Längsbalken (e fang) lagern. Sie stützen das Traufdach ohne Schrägarme. Dieses System zeigt eine deutliche Weiterentwicklung des Hallentyps wie er auf dem Bogenfeld der Da yan ta dargestellt ist siehe auch. Dort fehlen noch die Schrägarme und die Konsolen der Säulenzwischenräume. An ihrer Stelle finden sich die Entlastungsdreiecke in Form eines umgekehrten V, wie sie auch auf Darstellungen des 5. Und 6. Jahrhunderts zu sehen sind.

Die weitere Ausbildung der Konstruktionstechniken führte zu höheren, steileren, stärker nach innen gekrümmten Dächern, weit ausschwingenden Traufen und - besonders im Süden - hoch gezogenen Dachecken.